
Im Zuge der städtebaulichen Neuordnung der „Neuen Mitte“ Moisling soll eine neue Kindertagesstätte (KiTa) mit Familienzentrum errichtet werden. Die „Frühe Hilfe gGmbH“ als Trägerin der „Familien-Kiste“ plant dazu den bestehenden Standort im Moislinger Mühlenweg 43 auf die gegenüberliegende Seite im Eulenspiegelweg zu verlagern und zu erweitern. Das neue Gebäude soll anteilig im Rahmen der Städtebauförderung finanziert werden.
An dem sogenannten nicht-offenen Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungs- und Losverfahren nahmen insgesamt zwölf Arbeitsgemeinschaften aus Architekt:innen und Landschaftsarchitekt:innen teil. Das bedeutet, dass drei Arbeitsgemeinschaften gesetzt waren und neun Arbeitsgemeinschaften über ein Losverfahren ausgewählten wurden.
Die teilnehmenden Büros waren aufgefordert, Lösungen für den Neubau einer Kindertagesstätte mit zwei Krippengruppen (Kinder bis 3 Jahre), zwei Elementargruppen (Kinder von 3 bis 6 Jahren) und einer altersgemischten Gruppe (Kinder bis 6 Jahre), eines Familienzentrums mit Kurs- und Beratungsangeboten sowie attraktiven Außenflächen mit verschiedenen Spielbereichen aufzuzeigen.
Am 12. November 2024 beurteilte das Preisgericht zehn fristgerecht eingereichte Entwürfe. Im Ergebnis zeichnete die Jury zwei Arbeiten mit einem zweiten Preis und eine Arbeit mit einem dritten Preis aus. Das Preisgericht empfahl, dass die mit den 2. Rang ausgezeichneten Arbeiten überarbeitet werden.
Am 23. Januar 2025 beurteilte das Preisgericht die überarbeiteten Entwürfe. Das Preisgericht vergab den ersten Preis an die Arbeitsgemeinschaft 2 BA Architekten (Stuttgart) und Kern Landschaftsarchitektur (Mockmühl).
Beitrag 1001 – 1. Preis
Verfasser:innen: 2ba architekten, kern Landschaftsarchitektur bdla und str.uctur GmbH aus Stuttgart




Die Verfasser:innen erläutern ihren Entwurf wie folgt:
„Leitidee
Die Antwort auf die hier gestellte Entwurfsaufgabe basiert auf der Betrachtung der heterogenen Umgebung, der Umsetzung einer funktionalen Grundrissorganisation sowie dem Bewusstsein, dass die Architektur nicht nur den Ort prägen soll, sondern den Bewohnern des Viertels die Aufmerksamkeit zuteil werden lässt, die sie verdienen und benötigen. Dabei ist die Architektur gestalterisch anspruchsvoll, bleibt aber angemessen und bodenständig und bedient sich bekannten Stilmitteln und regional üblichen Materialien. Die Gebäudekubatur entsteht durch, auch konstruktiv, gereihten und terrassiert gefügten Riegel. Sie sind orthogonal zum Eulenspiegelweg angeordnet und lösen sich subtil vom gebogenen Verlauf des Straßenraums. Je nach Art der Nutzung erstrecken sie sich nach Norden zum Garten unterschiedlich weit. Die 6 Riegel des Kindergartens und die 3 Riegel des Familienzentrums sind dabei straßenseitig bündig aber gegeneinander versetzt. So wird die Eingangssituation betont und ein großzügiger Vorplatz ausformuliert. Dieser entsteht unmittelbar an der Kreuzung zum Eulenspiegelweg und in Verlängerung des Fußgängerüberwegs.
Die Stapelung erzeugt eine Nutzungsverteilung, die das gestellte Raumprogramm und deren Vorgabe zur Verteilung in den Ebenen vollständig erfüllt. Dabei werden alle Nutzungen sinnvoll auf die 3 Ebenen verteilt. Durch das Aneinanderlehnen der beiden Nutzungsbereiche des Kindergartens und des Familienzentrums entstehen Synergien wie z.B durch den gemeinsamen überdachten Zugang und dem Aufzug sowie der Haustechnik. Die begrünten Dächer bilden die 5. Ansicht die von den umliegenden höheren Gebäuden wahrgenommen werden. Neben dem positiven ökologischen Effekt, sind diese Dachlandschaften auch für die Nutzung durch Kindergarten und Familienzentrum vorgesehen.
Städtebau
Städtebaulich stuft sich das Gebäude nach Westen und Osten ab, erhält aber an der Kreuzung einen Hochpunkt, der das Gebäude neben seiner Baukörperanordnung klar als öffentliches Gebäude erkennbar werden lässt. Gleichzeitig wirkt das Gebäude durch die Terrassierung kleiner und, auf den kindlichen Maßstab bezogen, angemessen.
Funktionalität
Die beiden Gebäude werden über deren Nahstelle, einem überdachten Außenbereich, betreten. Von dort aus gelangt man jeweils in eine großzügige Eingangshalle, von der aus man einen guten Überblick über die innerer Raumbezüge der beiden Gebäude erhält. Dies verbessert die Orientierung und Auffindbarkeit für ortsunkundigen Personen. Im Kindergarten befinden sich, in Fortsetzung der Eingangshalle die Garderoben der Krippenkinder, also unmittelbar vor den 3 Gruppenräumen die sich nach Westen zum eigenen Freibereich öffnen. Der Bewegungsraum lässt sich durch mobile Trennwände großzügig mit der Eingangshalle zu einem großen Raum verbinden. So kann bei Veranstaltungen der Garten und die Eingangshalle gut miteinander verknüpft werden. Die Küche liegt verkehrsgünstig an der südwestlichen Ecke im Bereich der PKW- Stellplätze. So kann die Zufahrt auch zur Ver- und Entsorgung genutzt werden. Unmittelbar neben dem Eingang hat die Leitung im Leitungsbüro einen guten Überblick über den Vorplatz und die Eingangshalle mit der dort befindlichen Wartezone.
Die beiden Gruppen Elementar befinden sich auf Ebene 1. Auch dort sind die Garderoben zentral angeordnet, unmittelbar vor der Galerie der Eingangshalle, mit ihrem Luftraum und Innenrutsche. So entstehen gute Abläufe beim Bringen und Holen sowie kurze Wege zum zentralen Ausgang in den Garten.
Auf Ebene 2, in Ruhe und Abgeschiedenheit, sind die Personalräume verortet. So ist gewährleistet, dass die Pausenzeiten der Erholung und des Abschaltens dienen und nicht der ständigen Unterbrechung und dem Gefühl stets im Stand-By-Modus zu sein. Personal-WCs sind dezentral über das Gebäude verteilt.
Das Familienzentrum erhält eine großzügige Eingangshalle, von der aus allen öffentlichen Funktionen einfach auffindbar erschlossen werden. Die Küche kann dazu genutzt werden Getränke und Snacks zum Vorplatz anzubieten, um diesen für die Bewohner und Nutzer des Gebäudes aufzuwerten. Die beiden Gesprächsräume sind aus Gründen der Vertraulichkeit nach Norden orientiert. Die Büros inklusive der Leitung sowie die Personal-WCs sind auf Ebene 1 untergebracht und öffnen sich zur begrünten Dachterrasse nach Osten. Der Aufzug des Kindergartens kann wechselseitig auch vom Familienzentrum genutzt werden. Die parallele Anordnung der beiden Treppenhäuser sorgt für eine gute und schlüssige Vertikalerschließung und einfache Fluchtwegeführung.
Architektur und Gestaltung
Wesentlicher Kern des Entwurfs ist die Gleichbehandlung aller Gruppenräume, die einen direkten Außenbezug nach Westen zum Garten oder, im Falle der Gruppen Elementar, zu den Dachterrassen haben. Diese können als Zugang zum Garten genauso dienen wie auch als 2. Rettungsweg. So kann auch die zentrale Eingangshalle verbunden über 2 Geschosse ohne größere Brandschutzmaßnahmen ausgebildet werden. Die Fenster sind im massiven Baukörper präzise angeordnet und ergeben ein spannungsvolles Verhältnis von opaken zu transparenten Flächen. Hölzerne Lamellen vor den Fenstern sorgen für die Möglichkeit der Nachtauskühlung und gliedern die großen Fensteröffnungen zusätzlich.
Außenliegende Sonnenschutzmarkisen mit grünem Tuch sorgen für angenehme Tageslichtverhältnisse. Sie ergänzen das Materialkonzept der Außenfassade. Diese ist aus unterschiedlichen Klinkerstrukturen und aus ortstypischem wiederverwendetem Klinker hergestellt. Innenräumlich wird die Holzkonstruktion des Tragwerks gestalterisch fortgesetzt. Wände, Türen und Möbel werden aus Holz-Dreischichtplatten mit geringem Leimanteil gestaltet. Sie sind präzise gefügt und werden farblich durch einen grünen Linoleumbelag ergänzt. Akustisch wirksame Abhangdecken aus Holzwolleleichtbauplatten werden zwischen die Hauptträger montiert, hinter der auch die Installation für die haustechnischen Gewerke, Beleuchtung und ggf. Belüftung erfolgen kann.
Nachhaltigkeit + Energiekonzept
Neben der Verbesserung des Mikroklimas über die ausgedehnten Gründächer, sorgt die Materialauswahl für ein Gebäude mit hoher Nachhaltigkeit. Die Massivholzkonstruktion wird aussen durch bei Abbruchgebäuden angefallenen Recyclingklinker verkleidet. Die Stahlbetonbodenplatte wird mit hohem Anteil an RC-Beton hergestellt. Wo möglich werden Wandflächen mit Holz-Dreischichtplatten verkleidet. Generell sollen alle Materialien rückbau- und wiederverwendbar nach dem Cradle-to-Cradleprinzip zum Einsatz kommen. Die Energieversorgung soll wie vorgesehen über Fernwärme erfolgen, könnte aber alternativ auch über Erdwärmebohrungen kostengünstig und dauerhaft nachhaltig erfolgen. Passend dazu werden auf den Flachdächern zusätzlich PV Module angeordnet, die es ermöglichen mehr Strom zu produzieren als benötigt wird. Die Wärmeverteilung erfolgt über Wand- oder Fußbodenheizflächen.
Tragwerk und Konstruktion
Das Tragwerk folgt der Grundrissgeometrie der Riegel. Hierzu werden Brettschichtholzträger im Raster von ca. 2,5m auf den längs verlaufenden Wänden und Stützen aufgelagert. Brettsperrholzdecken mit ca. 10cm Dicke überspannen die Hauptträgerkonstruktion und bilden die Ebenen aus. Unter den Dachterrassen und begrünten Dachflächen verspringen die Decken nach unten, sodass eine hohe Vegetationsschicht auf Abdichtung und Dämmung gut und dauerhaft umsetzbar ist. Die Holzständerwände werden längs- und quer aussteifend umgesetzt. Diese werden auf einem 30cm hohen Betonsockel gesetzt die um eine unterseitig gedämmte Stahlbetonbodenplatte mit Abdichtung verlaufen. Die hinterlüftete, gedämmte und vorgehängte Fassade aus Klinker wird mit, für den Holzbau zugelassenen Montagekonsolen vor die Holzkonstruktion montiert. Dies erhöht den Schallschutz, den Wärmeschutz und den Brandschutz und erzeugt eine nachhaltige und dauerhafte Fassade.
Freiflächen
Das Freiflächenkonzept ist eng mit dem Gebäudeentwurf verknüpft. Durch die Aufreihung der Riegel mit deren Nutzung ergeben sich die Freiräume der Krippe im Westen über den nördlichen Freibereich bis hin zum großen Freibereich im Norden und Osten für die Gruppen Elementar wie von selbst. Die Eingangshalle ist zentraler Zugang zum Garten. Hier bildet sich zwischen dem langen Riegel des Kindergartens und des Familienzentrums eine Hofsituation aus, die befestigt ist und als Erweiterung des Gebäudes dient. Im Anschluss befinden sich die Spielgeräte und Spielflächen der Gruppen Elementar. Bestandsbäume werden fast vollständig erhalten. Der Vorplatz wird mit Sickerpflaster befestigt ausgeführt und sorgt für eine adäquate Zugangssituation. Ver- und Entsorgung erfolgt über die PKW-Zufahrt im Süden vom Eulenspiegelweg aus. Dort ist neben der Anlieferung für die Küche auch ein
Müllstandort vorgesehen. Die PKW-Stellplätze werden mit Rasenfuge hergestellt, um einen hohen Versickerungsanteil zu erhalten. In den Freibereichen werden neben Sandspielflächen und Klettereinrichtungen auch die Sinne anregende und natürliche Spieleinrichtungen wie Barfußpfade, Klanggarten und Weidentipis angeboten. Abgerundet wird dies durch eine kindgerechte Pflanzenauswahl sowie einem Kräuter- und Gemüsegarten für den Eigenverbrauch. Unter dem Vorplatz und im Garten wird das anfallende Regenwasser zusätzlich über Rigolen zurückgehalten. Eine daran angebunden Zisterne sorgt dafür, dass die ausgedehnten Gründächer mit Regenwasser versorgt werden
können.“
Beitrag 1002 – 2. Preis
Verfasser:innen: Maedebach-Redeleit GmbH mit Topos Landschaftsplanung aus Berlin



Die Verfasser:innen erläutern ihren Entwurf wie folgt:
„Der Ort
In Lübeck Moisling wird eine neue Mitte gebaut. Entlang der Ostseite des Oberbüssauer Weges entstehen raumgreifende Geschossbauten, ein neuer Marktplatz ist als belebtes Stadtteilzentrum geplant. Auf der Westseite, vis-a-vis des neuen Marktes, wird an der Einmündung des Eulenspiegelweges die Kindertagesstätte mit Familienzentrum gebaut – ein soziales Zentrum, Anlaufstelle für kleine Menschen und Familien. Durch seine Lage im Stadtraum kommt dem Neubau eine wichtige städtebauliche Funktion zu: Vom Bahnhof kommend bildet er den Auftakt zur belebten Mitte Moislings und schafft aufgrund seiner akzentuierten Form einen Übergang zum angrenzenden Hochhaus.
Das Haus
Der zweigeschossige Neubau der KiTa und des Familienzentrums folgt den Straßenfluchten des Oberbüssauer Weges und des Eulenspiegelweges im Rahmen der definierten Baugrenzen und schirmt das mit alten Bäumen bestandene Grundstück vom Straßenlärm ab. Am Schnittpunkt beider Straßen wurde dem winkelförmigen Haus die Spitze entfernt – so kann die ortsbildprägende große Birke erhalten bleiben. Es entsteht ein Vorplatz, von dem aus beide Funktionen separat erschlossen werden. Dabei liegt das Familienzentrum am Oberbüssauer Weg, die Kita orientiert sich zum rückwärtigen Garten. Das Gebäude erhält ein mehrfach gefaltetes Dachtragwerk, welches im Gebäudeinneren erlebbar ist. Außen erkennt man vielfältige Giebelmotive, die in ihrer Grundgeometrie der Nachbarbebauung entlehnt sind und gleichzeitig den Neubau als einen besonderen, identifikationsstiftenden Ort herausstellen.
Innen und außen
Eine besondere Rolle spielt der Übergang vom Gebäudeinneren zum Außenraum in der
Kindertagesstätte. Vom Vorplatz aus wird das Haus unter einer schützenden Auskragung des Obergeschosses betreten. Man gelangt auf die „Spielstraße“, an der sich auch der Zugang des Obergeschosses über eine zweiläufige Treppe befindet. Westlich liegen die Krippenräume – sie erhalten direkten Zugang zu einem eigenen Außenraum. Der Bewegungsraum im Zentrum öffnet sich zum Garten. Die gemischte Gruppe im Osten kann von ihrem Gruppenraum aus direkt den Garten betreten. Die Gruppenräume im Obergeschoss orientieren sich zu einem offenen Laubengang, der über eine einläufige Treppe den Garten erschließt. So können alle Gruppen aus ihren Gruppenräumen direkt in den Außenraum gelangen. Im Osten und Westen gelegen, werden auch sie über eine die Gebäudeform nachzeichnende „Spielstraße“ verbunden. Straßenseitig sind auf beiden Ebenen Nebenräume angeordnet. Das Familienzentrum bildet einen eigenen, abgeschlossenen Bereich. Über den zentral platzierten Aufzug, der sich zwischen der Eingangshalle der Kita und dem Eingangsbereich des Familienzentrums befindet, lassen sich beide Nutzungen erschließen. Im Erdgeschoss sind die Gesprächsräume platziert, Küche und Gruppenraum haben Sichtverbindung in den Garten. Im Obergeschoss sind Büros und Nebenräume angeordnet. Der 2. Rettungsweg führt über einen Flur in die Räume der Kita.
Freianlagen
Im Westen des Grundstücks sind straßenseitig die Stellplatzanlagen für acht PKW so konzipiert, dass die dortige doppelstämmige Birke erhalten bleiben kann. An der nördlichen Grundstücksgrenze am Oberbüssauer Weg liegt ein neuer Geräteschuppen, in den neben Spielzeug auch Kinderwagen und Kinderfahrzeuge eingestellt werden können. Der Garten ist an den Grundstücksgrenzen durch stark begrünte Zonen mit Sträuchern und Bäumen eingefasst. Daran angrenzende Aktionsfelder (Sandkiste, befestigter Platz, Tartanfeld) lassen eine große Rasenfläche für vielfältige Aktivitäten frei. Das Gebäude ist von einer Terrasse umgeben.
Konstruktion
Das Gebäude wird als Holzrahmenbau aus vorgefertigten Elementen errichtet – als ökologischer Baustoff stellt Holz einen wichtigen CO2-Speicher dar und bietet Vorteile in allen Phasen des Produktions- und Bauprozesses und bei der Entsorgung. Im Erdgeschoss wird auf Fundamentplatten zugunsten einer stahlarmen Schaumglasschotter/Estrich-Konstruktion verzichtet. Die Holzkonstruktion wird auf Streifenfundamente aufgesetzt. Da wesentliche Teile der Ausbauphase, wie z.B. Fenster, bereits werkseitig montiert sind, kann die Bauzeit stark verkürzt werden, was sich wirtschaftlich positiv auswirkt. Die Decken bestehen aus Brettsperrholz, die Fassaden sind als holzsichtige Lochfassaden konzipiert. Es
ist eine vertikale Boden-Deckelschalung geplant, durch die senkrechte Ausrichtung der Holzbretter kann das Regenwasser längs zur Faser ablaufen, was die Gefahr der Feuchtigkeitseinwirkung reduziert und die Lebensdauer der Fassade verlängert. Staub und Schmutz werden durch Regenwasser ausgewaschen. Die Dächer werden als extensive Gründächer ausgebildet, dadurch wird Regenwasser verzögert in eine Rigole abgegeben, kann verdunsten und so das Mikroklima verbessern. Auf den gen Süden orientierten Dachbereichen werden Photovoltaikelemente angeordnet.
Energiekonzept
Das Grundstück ist an die Fernwärmeversorgung angeschlossen, die in absehbarer Zeit ökologisch vorteilig modernisiert werden soll. Somit ist Zugang zu einem hocheffizienten Energieträger gewährleistet. Es ist eine Fußbodenheizung vorgesehen, die die Wärme dort abgibt, wo sie benötigt wird. In den Sanitärbereichen wird eine Grauwassernutzung für die Toilettenspülung konzipiert. Die Photovoltaikanlage auf dem Dach ist durch die Dachneigung optimiert und deckt – ggf. anteilig – den Verbrauchsstrom des Gebäudes.“
Beitrag 1006 – 3. Preis
Verfasser:innen: efs architekten+stadtplaner partner mbb mit Clasen Werning Partner GmbH aus Lübeck




Die Verfasser:innen erläutern ihren Entwurf wie folgt:
„1. Die Aufgabe I Familienkiste in der neuen Mitte
Im Zuge der städtebaulichen Neuordnung der Neuen Mitte in Lübeck Moisling plant die Frühe Hilfe gGmbH der Gemeindediakonie Lübeck den Ersatzneubau für ihre bestehende FamilienKiste, eine Gemeinschaftseinrichtung für Kinderbetreuung und Familienberatung auf neuem Grundstück. Ziel der Neuplanung ist ein funktional und gestalterisch hochwertiges Gebäude mit bedarfsgerechten Freianlagen, das nicht nur in Bau und Betrieb wirtschaftlich ist, sondern auch sparsam im Umgang mit Ressourcen und Energie.
2. Am neuen Ort
Das Grundstück für den Neubau liegt am Oberbüssauer Weg, an jenem südwestlichen Lübecker Stadteingang, der stadträumlich einprägsam unmittelbar auf den angrenzenden Landschaftsraum ausgerichtet ist. Aufgrund seiner untergeordneten Lage im Verkehrsnetz der Hansestadt weist die Strasse aber nur ein geringes verkehrliches Aufkommen und geringe Belastung auf. Vor diesem Hintergrund erscheint die zentrale Lage der Familien und Kindereinrichtung hier, an der Einmündung zum Eulenspiegelweg, angemessen und keineswegs problematisch.
3. Baufeld und Programm
Das kompakte Grundstück ist geprägt von vielfältigem und hohem Baumbestand. Städtebauliche Baugrenzen auf beiden Straßenseiten, eine Fernwärmeleitung im Westen und die geforderte Unterbringung von acht Pkw-Stellplätzen schränken das Baufeld zusätzlich ein. Das Raumprogramm sieht für einen Großteil der Nutzungen von Familienzentrum und Krippe eine erdgeschossige Lage zwingend vor. Um also möglichst wenig Grundfläche zu versiegeln und ein Maximum an Spielflächen zu
gewinnen, müssen die übrigen Nutzflächen geschickt gestapelt werden. So entsteht ein kompakter, zweigeschossiger Baukörper, der längs der nördlichen Grenze liegt und zu dem zehngeschossigen Wohnhochhaus einen schützenden Rücken bildet. Mit seinen Gruppenräumen und Freiflächen orientiert er sich nach Süden. Im Obergeschoss bieten zwei Dachterrassen zusätzliche, zum Teil überdachte Freiräume für das Personal, den Bewegungsraum und Elementargruppen. Als Erweiterungsoption können hier bei Bedarf mit geringem baulichem Aufwand zusätzliche Gruppenräume geschaffen werden. Der vielfältige Baumbestand kann weitestgehend erhalten und in die Freiraumplanung als Schattenspender integriert werden.
4. Ankommen
Das Entree der Kita richtet sich nach Osten zum Oberbüssauer Weg und damit zur künftigen Stadtachse als Teil der ‚Neuen Mitte Moisling‘. Ein kleiner von der Straße abgesetzter Vorplatz erschließt die Kita und das Familienzentrum gleichermaßen und schafft mit einer überdachten Abstellmöglichkeit für Räder und Kinderwagen sowie einer Bank einen Ort des Ankommens und der Begegnung. Die Furt am Oberbüssauer Weg und die vorhandenen vier Kiss & Ride-Stellplätze liegen in unmittelbarer Nähe zum Eingang. Für die Mitarbeiter-Stellplätze wird die bestehende Zufahrt im Südwesten am Eulenspiegelweg
genutzt und ausgebaut (8x Senkrecht-Stellplätze davon 1x Behindertenparkplatz). Auch die Unterhaltung der Frei- und Spielflächen kann von hier erfolgen. Am nördlichen Ende der Zufahrt öffnet sich ein kleiner Funktionshof – Anlieferung, Abfallsammelanlage, Mitarbeiter-Räder und Schuppen werden hier funktional zusammengefasst. Die bestehenden Baumgehölze bleiben nach Möglichkeit erhalten.
5. Außenanlagen
Setzung und Exposition
Die Außenanlagen der Kita sind nach Süden ausgerichtet, wobei die Setzung des Gebäudes an der nördlichen Grundstücksgrenze zwei wichtige Filterfunktionen für die Nutzung der Kita im Zusammenhang mit dem Hochhaus am Sterntaler Weg erfüllt. Zum einen formuliert das Gebäude einen privaten Rücken für den Garten bzw. die Außenanlagen der Kita und dient gleichfalls als Barriere, die den Kindern introvertierte Rückzugsräume bietet. Zum anderen werden Geräusche der spielenden Kinder durch die Abgewandtheit der Außenanlagen vom Hochhaus minimiert.
Sicherheit und Zugänglichkeit
Der Außenbereich der Kita ist naturnah gestaltet, allseits begrünt und eingefriedet und durch seine Grundform gut kontrollierbar. Den Gruppenräumen sind nach Süden individuell nutzbare Terrassen vorgelagert – im ersten Obergeschoss erweitern Dachterrassen das Nutzungsangebot im Freien. Eine – an der südexponierten Dachterrasse – vorgelagerte Treppe ermöglicht den Gruppen des Obergeschosses den direkten Zugang zum Außenspielbereich.
Spielend lernen
Eine Wegschleife erschließt die vielfältigen Spielangebote wie Wippe, Rutsche, Klettergerüst, Matschtisch, etc. und fördert damit die motorischen Fähigkeiten und die kognitive Entwicklung.
Ruhezonen in den Randbereichen sowie ein Obst- und Gemüsegarten laden zum Verweilen und zur aktiven Teilhabe ein. Spielhäuser wie die Eisdiele und der Bauspielplatz unterstützen die soziale Interaktion.
6. Gemischtes Doppel I Zwei unter einem Dach
Familienzentrum und Kita nutzen das gleiche Gebäude, ohne sich in die Quere zu kommen.
Vom gemeinsamen Vorplatz mit überdachten Fahrrad- und Kinderwagenstellplätzen führen
zwei getrennte Eingänge in die beiden Einrichtungen, die sich innenräumlich völlig
unabhängig voneinander organisieren.
6.1 Familienzentrum
Die Räume des Familienzentrums sind zusammenhängend im Erdgeschoss untergebracht.
Eine Trennung und Stapelung der Funktionen über zwei Ebenen wäre aufwendig und der
Nutzung nicht zuträglich. Zwischen dem Empfang mit den beiden Beratungsräumen und dem Gruppenraum mit Familienküche an der westlichen Fassade gegenüber reihen sich die drei Büros und
Nebenräume auf. Sprachkurse, musikalische Früherziehung, Spielkreise oder Kochkurse
können diese Räume vielfältig bespielen. Hierbei bietet sich der kleine, nördliche Garten zusätzlich als sommerliche Terrasse an, ganz unabhängig von den Freiflächen der Kita.
6.2 KiTa
Die Räume der Kindertagesstätte staffeln sich über beide Ebenen. Im Erdgeschoss liegen die Krippen und die gemischte Gruppe und orientieren sich mit ihren Terrassen nach Süden, Sanitärbereiche und Gruppennebenräume dazwischen, Rücken an Rücken. Das Büro mit seinem Nebenraum ist unmittelbar am Eingang angesiedelt, mit Blick auf den Vorplatz. Die Küche und ihr Nebenraum liegen auf der Seite gegenüber. Ihre Anlieferzone wird über den Parkplatz angefahren. Im Obergeschoss liegen nach Süden die Elementargruppen, auch hier die Sanitärbereiche und Gruppennebenräume dazwischen, Rücken an Rücken. Auf der Nordseite finden sich Bewegungsraum, Personal- und Technikräume. Am östlichen und westlichen Gebäudeende ermöglichen zwei Dachterrassen die Erweiterung der Nutzflächen nach außen, für Personal, Bewegung und Spiel im Sommer und den Übergangszeiten, witterungsgeschützt unter einem aufgespannten Zeltdach. In der Gebäudemitte bildet eine Reihe von Nebenräumen beider Einrichtungen über die ganze Gebäudehöhe einen massiven Kern aus mit Wänden aus Stampflehm. Dieser funktioniert Versorgungskern und Massespeicher für die natürliche low-tec Klimatisierung der
Familienkiste. Auf der Südseite bietet eine vorgelagerte Veranda einen festen Sonnen- und Witterungsschutz. Für die Elementargruppen ist sie auch direkter Zugang zum Garten. Nebenbei dient sie als zweiter Rettungsweg für die Nutzungen im Obergeschoss.
7. Wirtschaftlichkeit in Bau und Betrieb
Die Gebäudekennzahlen des Neubaus liegen in einem günstigen Bereich: das gilt im Besonderen für
das Oberflächen-Volumen-Verhältnis A/V (0,45) als auch das Flächenverhältnis Bruttofläche /
Nutzfläche (1,49). Die kompakte Kubatur und der geringe Flächenverbrauch lassen erfahrungsgemäß
eine hohe Wirtschaftlichkeit in Erstellung und Betrieb erwarten. Der angemessene Anteil der Fensterflächen an den Außenfassaden reduziert Investitions- wie auch Reinigungskosten. Die klare und einfache Grundriss- und Gebäudestruktur erlaubt eine Einfachheit in Bauweise und technischer Versorgung. Das nutzerfreundliche LowTec Konzept in der technischen Gebäudeausstattung verspricht eine hohe Nutzerakzeptanz und geringe Betriebs- und Wartungskosten. Die hinterlüftete Vorhangfassade ermöglicht eine hoch wirksame Dämmung und eine lange Lebensdauer. Die Kleinteiligkeit der bunten Stabhölzer lässt im Schadensfall eine unauffällige Reparatur zu. Die Gebäudeenergiekosten werden in auf Sicht einen wesentlichen Anteil an den Unterhaltskosten
haben. Das energetische Konzept des Neubaus zielt auf eine hohe Bauteil-Effizienz und eine
Unabhängigkeit / Selbständigkeit in der Energieversorgung. Die heutigen Investitionen werden zukünftig Betriebskosten spürbar senken.
8. Nachhaltigkeit, Material und Konstruktion
Die neue Familienkiste wird ein nachhaltiger und klimaneutraler Holzbau. Konstruktive Betonarbeiten werden auf ein Minimum begrenzt. Die Anforderung einer wirtschaftlichen Erstellung und eines nachhaltigen Betriebes legen eine weitgehende Vorfertigung des Neubaus nahe. Baufeld und Lage an der Hauptstraße kommen dieser Bauweise entgegen. Sie reduziert die Bauzeit auf ein Minimum.
Der Rohbau ist in Holzrahmenbauweise konzipiert. Aussteifende Elemente werden in Massivholz erstellt. Die Decken werden als Holzbalkendecke erstellt und mit Akustikpaneelen bekleidet. Im Innenraum werden weiß lasierte Holzoberflächen die Atmosphäre prägen.
• Einheitliches, klar strukturiertes Konstruktionsraster, dadurch einheitlicher Lastabtrag
über beide Ebenen
• Stützen und Binder ggf. vorgefertigt
• Regeldurchbrüche in den Bindern für TGA
• Decken in Holzelementbauweise als vorgefertigte Systeme (elementiertes Bauen)
• Starke Reduzierung der Betonmassen, Einsparung von grauer Energie
• Sehr schnelle und erprobte Bauweise
ReCycle / ReUse
• Einsatz von recyceltem Material
• bevorzugter Einsatz von Dämmstoffen aus Recyclingkreisläufen
• Einsatz von Recyclingbeton für die Gründung
• Prüfung des Einsatzes von Produkten aus Recyclingdatenbanken (z.B. concular.de)
Die Fassade erhält eine Bekleidung aus Stabhölzern unterschiedlicher Holzarten und Farbigkeit, die sich in wechselnden Abständen über geschlossene und verglaste Fassadenteile legen. Sie unterstützen die einfache und homogene Gebäudeform. Größere Glasflächen, etwa im Bereich des Einganges, werden als Pfosten-Riegel-Fassade ausgebildet. Das Dach wird als extensives Gründach geplant und zum Sonnenkraftwerk ausgestattet: Die PVT-Elemente versorgen die W/W-Wärmepumpe sowohl mit Solarwärme als auch mit Sonnenstrom.
Erweiterung und Wandel
Die FamilienKiste ist in Struktur und Konstruktion auf Wandelbarkeit ausgelegt. Mit geringen Eingriffen können die Räume der Familienzentrum und Krippe im EG zusammengeschlossen werden. Die beiden Dachterrassen bieten darüber hinaus die Option einer einfachen, baulichen Erweiterung innerhalb der Gesamtkubatur.
9. Energetisches Konzept und Nachhaltigkeit
Das Energiekonzept für die FamilienKiste basiert vorrangig auf der Reduzierung des Energiebedarfs für Wärme und Strom durch eine sehr gut gedämmte Gebäudehülle und eine effiziente, angepasste Gebäudetechnik. Ziel ist es, den Gesamtenergiebedarf des Gebäudes und die CO2-Emission zu minimieren, einen hohen thermischen Komfort für den Nutzer zu schaffen und den Technikaufwand auf das notwendige Maß zu begrenzen. Zur Deckung des restlichen Energiebedarfs sollen regenerative Quellen vor Ort genutzt werden. Das Gebäude wird zu großem Teil aus Holz erstellt und dient somit als CO2-Senke. Es werden zudem langlebige Baustoffe und kreislaufgerechte Konstruktionen gewählt. Der
Einsatz von Ressourcen im gesamten Lebenszyklus wird dadurch minimiert.
9.1 Wärmeschutz der Gebäudehülle
Der Neubau wird mit einer sehr gut gedämmten und wärmebrückenarmen Gebäudehülle ausgeführt. Vorgeschlagen wird ein Energiestandard entsprechend den Anforderungen eines Effizienzgebäudes 40. Die hohe wärmetechnische Qualität führt neben der Energieeinsparung auch zu einer Verbesserung des thermischen Komforts für die Nutzer und Nutzerinnen. Die Raumoberflächen haben eine gleichmäßig warme Temperatur und Zugluft infolge Kaltluftabfalls wird vermieden.
Der gute Dämmstandard trägt auch zum sommerlichen Wärmeschutz bei. Maßgebend sind hier aber eine außen liegende, feste Verschattung der Gruppenräume nach Süden und die aussenliegende Verschattung für die Räume nach Ost und West Für Teilbereiche wie Erschließungsflächen werden neutrale, hochselektive Sonnenschutzgläser eingesetzt, die somit eine gute Versorgung mit Tageslicht erlauben. Zusätzlich wird eine sommerliche, nächtliche Auskühlung der inneren Speichermasse über eine natürliche Querlüftung des Gebäudekerns mit eingeplant. Die Zuströmung erfolgt an den Flurenden, die Abströmung über das Glasdach entlang des Massespeichers in der Gebäudemittelachse. In den Gruppen erfolgt eine Auskühlung über einen schmalen Flügel mit einem Wetterschutz, der per Hand geöffnet werden kann.
9.2 Lüftung
Das Gebäude wird hauptsächlich über Öffnungen in der Fassade natürlich gelüftet um den Technikeinsatz, die Wartung und Investitionen zu reduzieren. Die Gebäudekubatur ermöglicht
in allen Bereichen eine gute natürliche Belüftung.
Die Öffnungsflächen der Gruppenräume sind auf das Erreichen einer guten Raumluftqualität in der Heizsaison und im Sommer optimiert. Die geometrisch freie Öffnungsfläche beträgt mindestens 6 % der Raumgrundfläche.
Die Sanitärbereiche, die innenliegenden Nebenräume und die Küche werden mit einer bedarfsgerechten und hocheffizienten mechanischen Lüftung mit Wärmerückgewinnung versehen. Die Geräte werden dezentral platziert, um den Aufwand für Lüftungskanäle und Brandschutzmaßnahmen zu reduzieren.
9.3 Tageslicht
Zur Reduzierung des Strombedarfs für Kunstlicht ist der Entwurf in Raumgeometrie und im Anteil an transparenten Flächen auf eine gute natürliche Belichtung ausgelegt. Angestrebt wird ein mittlerer Tageslichtquotient von > 3 % für die Klassenräume. Die Mittelachse verfügt über eine Verglasung im Dachbereich und versorgt somit den Kern des Gebäudes mit Tageslicht. Die künstliche Beleuchtung wird als Tageslicht-Ergänzungsbeleuchtung über effiziente LEDLeuchten ausgeführt mit einer hohen Effizienz von > 140 lm/Watt.
9.4 Energieversorgung
Die Energie und Wärmeversorgung soll gem. Aufgabenstellung über das Fernwärmenetz der Stadtwerke erfolgen.
Nach vorliegendem Konzept könnte die Wärmeversorgung aber auch über eine eigene Wärmepumpenanlage geleistet werden, mit geringer Systemtemperaturen bei der Wärmeübergabe. Als Heizflächen werden flächige Systeme eingesetzt, die als Fußbodenheizung und/oder als Deckenstrahlplatten mit geringen Vorlauftemperaturen ausgeführt werden.
Als Quelle für die Wärmepumpe werden Wärmeabsorber auf dem Dach des Gebäudes genutzt, die solare Energie und die Energie der Außenluft nutzen. Die Absorber liegen auf der Rückseite der Photovoltaik-Elemente auf dem Dach, die gleichzeitig für die Stromgewinnung eingesetzt werden (sogenannte PVT- Absorber). Das gewählte Heizsystem ermöglicht den Verzicht auf fossile Energieträger.
Dachform und die Orientierung ermöglichen eine großflächige Nutzung von Solarenergie. In der Übergangszeit und im Sommer kann die Wärmepumpe teilweise und ganz mit eigenem PV-Strom betrieben werden und dadurch einen Teil der Raumheizwärme komplett örtlich regenerativ erzeugen.“
Beitrag 1003
Verfasser:innen: max und moritz architektur aus Bochum mit OTTL.LA Landschaftsarchitekten aus München



Die Verfasser:innen erläutern ihren Entwurf wie folgt:
„Im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms „Sozialer Zusammenhalt“ soll die Einrichtung Familien-Kiste“ bestehend aus Kindertagesstätte und Familienzentrum mit Beratungsstelle am neuen Standort geplant werden. Der Entwurf zielt darauf ab, Kita und Familienzentrum zu einem integralen Bestandteil der neuen Mitte zu machen, der sowohl Kindern als auch Besucher*innen gleichermaßen als ansprechender, grüner, räumlich kompakter, nutzungsgemischter, sozial und kulturell integrierter Treffpunkt dient.
Städtebau
Das neue Gebäude fügt sich in die zukünftige Nachbarschaft ein, indem es die städtebauliche Kante des Rahmenplans entlang des Oberbüssauer Wegs und die zurückversetzte Bauflucht im Westen aufgreift. Dies führt zu einer markanten und klaren Gebäudeform. Durch das Zurückrücken des Baukörpers vom Eulenspiegelweg entsteht Platz für eine großzügige Außenspielfläche im Süden und Parkmöglichkeiten im Norden.
Die Lage des Gebäudes an der ursprünglichen nördlichen Grundstücksgrenze ermöglicht einen kompakten und übersichtlichen Baukörper, der die Anforderungen an eine ökonomische, nachhaltige Bauweise und einen effizienten Betrieb erfüllt. Gleichzeitig bleibt ausreichend Freiraum für eine großzügige Gestaltung der Außenspielflächen im Süden.
Entwurfskonzept
Der Leitgedanke des Entwurfs ist die Schaffung eines Ortes der Kommunikation und Teilhabe, welcher vorhandene Ressourcen effizient nutzt und den verfügbaren Raum optimal ausschöpft. Die funktionale und räumliche Verzahnung der verschiedenen Nutzungen ist ein zentraler Bestandteil des Konzepts.
Durch die Kombination der Nutzungstypologien Kita und Familienzentrum sowie die enge Verbindung der Gruppenräume mit dem Außenbereich entsteht eine flexible Erweiterbarkeit und Zuschaltbarkeit der Nutzungen. Gleichzeitig wird der Entwurfsgedanke umgesetzt, Räume zu schaffen, die das Unbekannte und Unkontrollierbare der Natur ins Innere des Gebäudes holen. Durch sinnvoll angeordnete optionale Verbindungen und eine durchdachte Raumanordnung können Kita und Familienzentrum bei steigendem Flächenbedarf Räume der jeweils anderen Nutzung übernehmen oder bei verringertem Bedarf abgeben.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit eine optionale gemeinsame Nutzung von nicht dauerhaft benötigten Räumen in Betracht zu ziehen, um eine optimale Auslastung zu gewährleisten. Die „Mischung“ von Nutzungen ermöglicht Vielfalt und Robustheit, Kompaktheit und Synergien, Intensität und Anteilnahme.
Flexibilität
Ein zukunftsfähiges Gebäude benötigt Spielraum für Anpassung an die Bedürfnisse der Nutzungen.
So bietet das Familienzentrum eine optionale Möglichkeit, durch eine bauliche Verbindung im Erschließungsbereich des Obergeschosses, den Bewegungsraum nachmittags und am Wochenende flexibel mitzunutzen. Dies schafft eine wertvolle Verbindung zwischen den Angeboten des Familienzentrums und den Nutzern außerhalb der regulären Kita-Zeiten.
Ein weiteres Synergiepotenzial ergibt sich durch die benachbarten Küchen, die ebenfalls durch eine optionale Verbindung zugeschaltet und gemeinsam genutzt werden könnten. In der Kita selbst ist eine mögliche Erweiterbarkeit der Räume durch das Familienzentrum sowohl im Erdgeschoss als auch im Obergeschoss denkbar. Die Raumfolge aus Gruppenraum und Besprechungsräumen oder den Büros, ermöglicht dabei eine Anwendung des zusammenhängenden Raumclusters Gruppenraum, Nebenraum und Sanitäranlagen.
Baukörper und Erschließung
Im nördlichen Teil des Grundstücks befinden sich der Zugang zum Familienzentrum, sowie die Flächen für die Ver- und Entsorgung. Die erforderlichen PKW-Stellplätze sind zwischen der nördlichen Fassade und der Grundstücksgrenze angeordnet. Der Haupteingang der Kita ist gut auffindbar an der östlichen Gebäudeseite in unmittelbarer Nähe zum Oberbüssauer Weg gelegen.
Ein umlaufender Laubengang sorgt für ein trockenes Ankommen im großzügigen Spielflur. Von diesem Spielflur aus sind alle wichtigen Bereiche der Kita, wie die Gruppenräume, das Büro der Leitung sowie die Erschließung der zweiten Etage über eine Treppe und einen Durchlader-Aufzug – der sowohl dem Familienzentrum als auch der Kita dient – erreichbar.
Der dreiseitig umlaufende Laubengang sichert die Erschließung und Entfluchtung des Gebäudes. Mit seiner bepflanzten, raumhohen Edelstahl-Seilnetz-Absturzsicherung entsteht eine Fassadenebene, die sich mit den Jahreszeiten verändert. Diese Fassadenebene bietet durch Einflechtungen und Rankpflanzen zudem eine Möglichkeit für die Kinder, die Fassade individuell und identitätsstiftend zu gestalten. So werden die Jahreszeiten erlebbar und das Erscheinungsbild des Gebäudes verändert sich kontinuierlich mit seinen Nutzern.
Konstruktion/Bauweise
Die Kita wird als nachhaltiger, ressourcenschonender und ökologischer Holzbau geplant. Die geringe Wärmeleitfähigkeit garantiert einen hervorragenden Wärmeschutz im Sommer wie im Winter und vermeidet baukonstruktive Wärmebrücken, was zu einer geringeren Menge an zusätzlichem Dämmmaterial führt. Die Fähigkeit Luftfeuchtigkeit flexibel aufzunehmen und abzugeben, schafft ein angenehmes und gesundes Raumklima, welches besonders für die Entwicklung von jungen Menschen gut geeignet ist. Durch die Elementbauweise kann die Bauzeit verkürzt werden und ein hoher Vorfertigungsgrad erreicht werden.
Zeitgleich zur Montage im Werk, können auf der Baustelle bereits die erdberührten und aussteifenden Bauteile erstellt werden. Nach der Vorfertigung der Wand und Decken-Holzelemente können sie umgehend und „just in time“ auf der Baustelle montiert werden, so dass sich die Bauzeit gegenüber der konventionellen Bauweise verkürzt.
Energiekonzept
Neben den positiven Eigenschaften von Holz als Baustoff mit einer geringen Wärmeleitfähigkeit, trägt im Wesentlichen die Kompaktheit, sowie die Ausrichtung des Baukörpers zur Verbesserung des Wärmeschutzes bei. Durch die geringe Hüllfläche, die Nord-Süd-Ausrichtung, dem extensiv begrünten Dach und dem zusätzlich außenliegenden Sonnenschutz werden der solare Ertrag im Sommer und die Wärmeverluste im Winter niedrig gehalten. Zur Stromerzeugung wird eine Photovoltaikanlage auf dem Gründach installiert. Diese erzeugt tagsüber Strom und kann damit einen großen Teil des Energieverbrauchs des Gebäudes abdecken. Die Gebäudeausrichtung sorgt für einen besonders hohen Ertrag zu der Zeit, in welcher das Gebäude die höchste Auslastung hat.
Die freie Nachtlüftung funktioniert über das EG und Obergeschoss hinweg bis zum Dach. So kann zur Durchlüftung der thermische Auftrieb genutzt werden, bei dem die warme Luft immer nach oben steigt. Die erwärmte Luft strömt oben hinaus und zieht durch einen leichten Unterdruck über die Öffnungen oberhalb der Innentüren im Flur und der Fenster-Öffnungen in den Räumen die kältere Luft des Außenraums nach.
Das kostengünstige System wird über das Öffnen der entsprechenden Fenster durch die Haustechnik geregelt und hat die thermische Aktivierung der Bauteile mit hoher Speicherkapazität zur Folge. Die Nachtauskühlung kann somit die Hitze, die tagsüber durch Wände, Boden und Gebäudeeinrichtung gespeichert wurde, in der Nacht wieder abführen.
Freiraum
Der Freiraum der Kita orientiert sich zur sonnenexponierten Südseite hin, während infrastrukturelle Flächen im Norden auf dem Grundstück verortet sind. Entlang dem Oberbüssauer Weg bilden sich die Entreebereiche für KITA und Familienzentrum aus. Eine das Grundstück umlaufende naturnahe Hecke fasst ein und zoniert unterschiedliche Nutzungsbereiche. Innerhalb des KITA-Gartens lassen sich neben gebäudenahen Spiel – und Aufenthaltsbereichen im ökologischen Erfahrungsraum pädagogische Inhalte vermitteln. Ein geringer Versiegelungsgrad, ein wassersensitives Konzept mit Speicher-, Retentionsmöglichkeit und eine klimaresistente Pflanzenauswahl mit schattenspendenden Bäumen sorgen für ein angenehmes Mikroklima. Die Verwendung nachhaltiger und ressourcenschonender Materialien unterstreicht die ökologische Gestaltung.
Ein Biodiversitätsband mit Nahrungsangeboten für Vögel, einem Insektenhotel und Nistkästen entlang dem Oberbüssauer Weg markiert das übersichtlich gestaltete Entree für KITA und Familienzentrum an den Drop-Off-PKW-Plätzen.
Über eine entlang der Gebäudefassade verlaufende, witterungsgeschützte Terrasse treten die Nutzer*innen vom Gebäude in den Freiraum. Der Kita-Garten bietet neben zwei Sandspielflächen mit Sandbaustelle und Matschtischen, eine Rutsche und Spielhäuser an. Die Spielangebote sind altersgerecht getrennt. Die große Wiese ist zum Herumtoben nutzbar. Unter Bäumen liegt eine Sitz- und Liegepodest.
Der westliche Kita-Hof ist befestigt und lässt Nutzungen auch bei schlechter Witterung zu. Mobile Sitzgruppen und ein Holzpodest bieten multifunktionale Nutzungen. Eine Bobbycar-Rennstrecke schlängelt sich als Bodenmarkierung durch den Hof. In einem Spielgerätehaus lässt sich Ausstattung lagern.
Im Norden befinden sich acht PKW-Stellplätze, davon einer barrierefrei. Je Gebäudeeingang gibt es acht Fahrradstellplätze in Form von Bügelparkern. Unterflur-Müllcontainer liegen geruchsgeschützt vom Gebäude abgesetzt in Straßennähe.“
Beitrag 1004
Verfasser:innen: Scheuring u. Partner Architekten mbH aus Düsseldorf mit Feldhusen Landschaftsarchitektur aus Berlin



Die Verfasser:innen erläutern ihren Entwurf wie folgt:
„Städtebau
Das Grundstück für den Neubau der „Familienkiste“ befindet sich an zentraler Stelle des Stadtteilquartiers Moisling. Es ist ein Baustein für die neue Quartiersmitte mit Gesundheitszentrum, Markt, Seniorenzentrum und Einkaufszentrum.n Neben der Kita enthält die Bauaufgabe auch das neue Familienzentrum mit der Beratungsstelle für junge Familien. Diese übergeordnete Funktion und der zentrale Standort erfordern eine erkennbare Baukörperform, die dazu beiträgt, an dieser zentralen Stelle „Gesicht“ zu zeigen. Aufgrund der Ecksituation und der heterogenen Nachbarbebauung bietet sich die Kreisform als eigenständige Baukörperform an, die nirgendwo „aneckt“, und sich gegenüber den sehr hohen Nachbargebäuden zu behaupten weiß.
Funktionen
Der Kreisbaukörper konzentriert sich auf die innere Mitte, von der alle Räume erschlossen werden, und öffnet sich gleichzeitig nach Außen, wo die einzelnen Altersgruppen ihre jeweiligen Spielbereiche erhalten. Durch die runde Gebäudeform entstehen im Außenbereich keine „toten“ Ecken und trotzdem sind die einzelnen altersgerechten Spielbereiche räumlich getrennt. Im Inneren entsteht eine attraktive Mitte, in der die Kinder morgens ankommen, sich umziehen, spielen und auch feiern können. Das Familienzentrum ist Teil der Kreisform und partizipiert an der lebendigen, von oben belichteten zentralen Erschließungshalle, ohne sich mit der Kita räumlich zu vereinen. Durch die Kreisform ist es möglich, die beiden Funktionen zu verknüpfen und trotzdem unabhängig voneinander zu betreiben.
Konstruktion und Material
Der zweigeschossige Baukörper wird als Holzskelettbau aus Vollholzstützen und -bindern ( 2-Feldträger, Spannweite 4,7m) mit aufgelegten Brettsperrholzdecken ausgebildet, die so unverkleidet den heutigen Ansprüchen an Komfort und Ästhetik genügen und der geforderten Feuerwiderstandsklasse entsprechen. Um möglichst unverleimtes Vollholz einsetzen zu können, werden marktübliche Querschnitte berücksichtigt. Die Außenwand ist als Holzrahmenkonstruktion vorgefertigt und elementweise mit Fenstern bzw. im Brüstungsbereich mit ausgedämmten und senkrecht verkleideten Holzprofilen versehen.
Energiekonzept
Neben einer hochgedämmten Gebäudehülle und der Wiederverwertbarkeit der Baumaterialien, steht bei dem vorliegenden Energiekonzept die Gewinnung und Speicherung natürlicher Energieresourcen zur Abdeckung des eigenen Energieverbrauchs im Vordergrund.
Dazu wird die Dachfläche vollständig mit PV-Modulen ausgestattet (Oberlichter mit semitransparenten PV-Modulen). Die Fassaden erhalte zu den jeweiligen Straßenseiten nach Süden bzw. Westen eine vorgelagerte 2. Schicht aus senkrechten Lamellen, die als Sicht- und Sonnenschutz fungieren und wahlweise mit PV-Modulen bestückt werden können. Das begrünte Retensionsdach sorgt mit der angestauten Wasserschicht für Temperaturstabilität und ausreichende Speichermasse im Sommer und reduziert gleichzeitig die Regenwassereinleitung ins öffentliche Kanalnetz. Die Gewinnung der Heizenergie erfolgt über eine Erdwärmepumpe, mit der auch im Sommer gekühlt wird. Die Belüftung wird vorwiegend natürlich über motorisch gesteuerte Fensterelemente (Nachtspülung) und einer Querlüftung über die 2-geschossige Halle mit Dachoberlichtern gewährleistet.
Wirtschaftlichkeit
Mit der mittig im Kreis angeordneten Verkehrsfläche und den nach Außen orientierten Nutzflächen lässt sich aufgrund der Besonderheit der Kreisgeometrie mit den nach außen sich vergrößernden Flächenanteilen ein günstiges Verhältnis von Verkehrsfläche zur Raumfläche erzielen. Die Kreisform sorgt bei dem zweigeschossigen Baukörper zudem für ein optimales A/V Verhältnis, was die Fassadenflächen gegenüber anderen Gebäudeformen klein hält und somit die Baukosten bei der Fassade reduziert und geringere Energieverbräuche bewirkt. Durch die Holzbauweise in der Tragkonstruktion und der Fassade lässt sich ein hoher Vorfertigungsgrad erzielen, der die Bauzeit und somit die Baukosten reduziert. Durch eine möglichst sortenreine Holzbaukonstruktion lassen sich die Lebenszykluskosten reduzieren. Die bis auf die Bodenplatte betonfreie Bauweise sorgt für eine positive CO2-Bilanz.
Außenanlagen
Die Formensprache der Freiraumgestaltung reagiert formal auf die runde Form des Gebäudes und die mehrfach abknickenden Grundstücksgrenzen. Die Kinder und anderen Nutzerinnen und Nutzer der Freiflächen treffen auf eine fröhliche Freiraumgestaltung mit geschwungenen Wegen und Vegetationsflächen. Es dominieren Grünflächen und natürliche Materialien wie Holz, Naturstein, Sand und Rasen.
Die Freiflächen gliedern sich in drei Bereiche: Vorbereich, Krippenspielbereich und Elementarspielbereich. Der Vorbereich ist gepflastert und dient der Erschließung des Gebäudes. Zum Vorbereich gehören Stellplätze für 8 Autos, 20 Fahrräder und 7 Kinderwagen. An den Vorbereich schließt sich ein Weg an, der in geschwungener Form um das gesamte Gebäude führt. Der befestigte Weg dient nicht nur dazu, einen sicheren Zugang zum Gebäude zu gewährleisten, sondern er kann auch von den Kindern genutzt werden, um sich zum Beispiel mit Rollern fortzubewegen. Darüber hinaus ist der Weg in den Spielbereichen an einigen Stellen aufgeweitet, so dass kleine Terrassen entstehen, auf denen Sitzbänke ebenfalls in geschwungener Form angeordnet sind und Bistrotische zum Picknicken aufgestellt werden können. In beiden Spielbereichen sind Sandflächen vorgesehen, in denen altersgerechte Spielgeräte aufgestellt werden. Spielgeräte sind beispielsweise Balancierbalken, Sprungtürme, Rutsche und Nestschaukel. Die Spielgeräte befinden sich zum Teil auch in der das Grundstück umgebenden Blühhecke aus Sträuchern (220 cm hoch). Hier dient Holzhäcksel zwischen den Sträuchern als Fallschutzbelag. Die Spielbereiche sind untereinander, zur Grundstücksgrenze und zum Vorplatz durch einen Holzzaun abgegrenzt. Der Zaun ist zur Grundstücksgrenze und zum Vorbereich 180 cm hoch, zum benachbarten Spielbereich 120 cm hoch. Doppelstabmattenzaun (180 cm hoch) verläuft zwischen den Sträuchern zur Grundstücksgrenze, so dass er den Kindern Sicherheit bietet, aber nicht zu sehr auffällt. Im Elementarspielbereich ist ein Geräteschuppen vorgesehen. Neben den Sandflächen und der befestigten Wegfläche um das Gebäude sind im Spielbereich Rasenflächen zum Toben vorgesehen, zum Teil ist die Rasenfläche zu einem Hügel modelliert. Das anfallende Regenwasser wird vollständig auf dem Grundstück versickert. In den Sträuchern zur Grundstücksgrenze wird Totholz zur Steigerung der Biodiversität platziert. Am Gebäude werden Nistplätze für Vögel und Rückzugsmöglichkeiten für Fledermäuse geschaffen.“
Beitrag 1005
Verfasser:innen: FRIDA Architekten mit Rehwaldt Landschaftsarchitekten aus Dresden





Die Verfasser:innen erläutern ihren Entwurf wie folgt:
„Städtebau und Außenanlagen
Der Neubau bildet an der Ecke Eulenspiegelweg – Oberbüssauer Weg einen Vorplatz, von dem aus die
Kindertagesstätte und das Familienzentrum erschlossen werden. Hier entsteht ein mit Bäumen bestandener Vorplatz, welcher Sitzmöglichkeiten und Treffpunkte vor den Eingängen zur KITA und Familienzentrum bereithält. Die Bänke und Hocker im Schatten der Bäume schaffen Aufenthaltsqualität und beleben den Vorplatz des Gebäudes zusätzlich. Die Fahrradbügel für die KITA und das Familienzentrum werden dezentral, an der östlichen und westlichen Grundstücksgrenze angeordnet. An der westlichen Grundstücksgrenze werden die PKW Stellplätze aus Rasenlinern hergestellt und die Bestandsbäume erhalten. Um die versiegelten Erschließungsflächen zu reduzieren, wird die Ver- und Entsorgung mit der Zufahrt der Stellplätze kombiniert. So erhalten die Kinder und ihre Pädagogen einen großen geschützten Freibereich mit großzügiger Terrasse entlang der Gruppenräume und vielen Spielangeboten für die unterschiedlichen Altersstufen. Dabei führt eine Rollerbahn aus Farbasphalt durch den Garten und verbindet alle Spielbereiche. Ein Pflanzsaum entlang des Zauns schafft eine natürliche Abgrenzung zur Umgebung. Die Spielangebote folgen dem Farbcode der Grundfarben klassischer Jonglierbälle und formen eine Kindgerechten Spiellandschaft. Eine Naschhecke mit verschiedenen Fruchtsträuchern bildet eine sanfte Separierung zwischen den Spielbereichen der großen und jüngeren Kita-Kindern.
Nutzung
Die beiden Nutzungseinheiten erhalten jeweils einen separaten Eingang, der als Windfang mit
Informationstafeln gestaltet wird. Die Flure in der Kindertagesstätte werden als Spiel- und Tobeflure
gestaltet und integrieren die Garderoben. Durch große Fensteröffnungen entstehen gut belichtete
Bereiche. Im Familienzentrum kann der Flur ebenfalls als Fläche für Aktivitäten wie Tischtennis, Tischkicker, Leseecke oder Chill-out-Zone genutzt. Die Gruppen- und dazugehörigen Nebenräume orientieren sich alle zum Garten. Durch den Rücksprung in der Fassade entstehen individuelle Terrassenbereiche für die Gruppenräume, die durch die Auskragung des ersten Obergeschosses verschattet werden. Die Nebenräume der Nutzungseinheiten orientieren sich zum Eingangsplatz hin.
Die Gruppenräume im Obergeschoss erhalten über den Laubengang einen direkten Zugang in den Garten. Der Laubengang dient gleichzeitig als zweiter Fluchtweg. Wie auch im Erdgeschoss sind alle
Gruppenräume sowie die dazugehörigen Nebenräume zum Garten ausgerichtet, während die Nebenräume zum Eingangsplatz hin ausgerichtet sind. Dem großen Multifunktionsraum wird ein geräumiges Lager zugeordnet, in dem Bälle und kleine Turngeräte gelagert werden können.
Das Gebäude wird aus robusten, natürlichen und ökologischen Materialien hergestellt. Der
Stampflehmboden integriert die geplante Fußbodenheizung und hat die Rutschfestigkeitsklasse R10. Durch die Zugabe von Pigmenten wird ein farbiger Fußboden gestaltet. Die Oberflächen werden farblich
differenziert, um verschiedene Bereiche und Zonierenden zu schaffen. Kinder können sich anhand der
Materialien, Oberflächen und Farben leicht im Gebäude orientieren. Die Wände und Türen der
Gruppenräume werden mit Gucklöchern versehen, um ein offenes und transparentes Raumkonzept zu
fördern.
Konstruktion und Energie
Der Kindergarten wird als Holzbau errichtet, mit einer Dämmung aus Stroh und einem Lehmputz. Diese
Kombination sorgt für ein gesundes Raumklima, eine hohe Luftfeuchtigkeitspufferung und eine Reduktion des Energiebedarfs für Heizung und Kühlung. Die tragende und nichttragende Wände können als vorgefertigte Wandelemente geplant werden. Die Brettstapeldecken werden nach den Anforderungen der DIN 4109 für Kindergärten schallgedämmt, um eine ruhige und angenehme Akustik zu gewährleisten. Die Stampflehmböden tragen zusätzlich zur thermischen Speicherfähigkeit und Luftfeuchtigkeitsregulierung bei.
Das extensive Dachbegrünungssystem wird als Biotopdach ausgeführt, welches nicht nur zur Verbesserung der Luftqualität und zur Erhöhung der Biodiversität beiträgt, sondern auch die thermische Dämmung des Gebäudes verbessert und den sommerlichen Wärmeschutz unterstützt. Die Dachbegrünung kann zusätzlich Regenwasser zurückhalten und langsam an die Umwelt abgeben, was die Entwässerungssysteme entlastet. Der Kindergarten wird an das örtliche Fernwärmenetz angeschlossen, das als Primärenergiequelle für die Raumheizung dient. Fernwärme bietet eine nachhaltige und effiziente Möglichkeit der Wärmeversorgung, insbesondere wenn diese aus regenerativen Energien oder industrieller Abwärme gespeist wird. Für die Warmwasserbereitung wird eine Warmwasserwärmepumpe eingesetzt, die ihren Strombedarf durch eine auf dem Dach installierte Solaranlage deckt. Diese Kombination ermöglicht eine nahezu autarke und emissionsarme Warmwasserbereitung.
Das Belüftungskonzept besteht aus einer natürlichen Belüftung kombiniert mit einer gesteuerten
mechanischen Belüftung inklusive Wärmerückgewinnung. Die natürliche Belüftung erfolgt durch gezielte
Fensteröffnungen und sorgt für Frischluftzufuhr in den Räumen. Das mechanische Belüftungssystem ist für die kalten Monate und stark genutzte Räume vorgesehen und gewinnt bis zu 90 % der Wärme aus der Abluft zurück, um den Heizenergiebedarf zu minimieren. Die Grauwassernutzungsanlage sammelt und filtert Abwasser aus Duschen und Handwaschbecken, um es für die Toilettenspülung und die Bewässerung der Dachbegrünung wiederzuverwenden.
Die Photovoltaikanlage auf dem Dach wird so dimensioniert, dass sie den jährlichen Energiebedarf der
Warmwasserwärmepumpe abdeckt. Überschüssiger Strom kann ins Netz eingespeist oder für den Betrieb anderer elektrischer Geräte im Kindergarten genutzt werden. Die Kombination aus effizienter
Wärmedämmung, Wärmerückgewinnung, Grauwassernutzung und Eigenstromerzeugung führt zu einer
signifikanten Reduktion des Primärenergiebedarfs des Gebäudes.
Die Nutzung von natürlichen Baumaterialien wie Holz, Stroh und Lehm minimiert den CO₂-Fußabdruck des Gebäudes bereits in der Bauphase. Die geplanten Maßnahmen zur Energieeinsparung und die Nutzung erneuerbarer Energien machen das Energiekonzept besonders nachhaltig. Die Materialwahl und die umfangreichen ökologischen Maßnahmen fördern zudem das Wohlbefinden der Kinder und des Personals, während sie gleichzeitig einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten.“
Beitrag 1007
Verfasser:innen: HARDEGGER ARCHITECTS GmbH mit TCK Landschaftsarchitektur aus Hamburg




Die Verfasser:innen erläutern ihren Entwurf wie folgt:
„Anlass des Wettbewerbs ist der Wunsch, einen Ersatzbau für die Familien-Kiste zu errichten. Diese vereint eine Kindertagesstätte (Kita) und ein Familienzentrum samt Beratungsstelle.
Übergeordnetes Konzept
Das oberste Ziel der Planung ist unseres Erachtens die SchaGung eines Ortes, der Ruhe und Geborgenheit ausstrahlt und Raum für unterschiedlichste Emotionen lässt. Unser Wettbewerbsbeitrag übersetzt dieses psychologische Prinzip in Form von räumlichen Schichtungen und gezielt gesetzten Blicken in die Architektur als Weg vom lauten urbanen Raum, hin zu einer Oase der Ruhe.
Städtebauliche Positionierung
Der Baukörper bildet entlang der Straßen Eulenspiegelweg und Oberbüssauer Weg eine städtebauliche Grenze zwischen urbanem und natürlichem Raum. Durch die Weiterführung des Gebäudevolumens entlang der westlichen Grenze, spannt sich, geschützt im Inneren, ein Naturerlebnisraum, die „Grüne Oase“ auf. Dieser wird im Norden faktisch durch die Grundstücksgrenze, städtebaulich aber durch das angrenzende Wohnhochhaus gefasst. Die schützende Bewegung des Baukörpers endet mit einem Hochpunkt (Bewegungsraum) im Südwesten und schafft damit ein vermittelndes Element zur Nachbarbebauung im Westen.
Gebäudeorganisation
Der Baukörper teilt sich in zwei Nutzungen – Kita und Familienzentrum. Diese erstrecken sich in unterschiedliche Richtungen.
Kita
Der Haupteingang der Kita befindet sich im Süden, am Knickpunkt des Baukörpers und bietet Einblick auf die „Grüne Oase“, die Außenspielfläche der Kita. Rechts vom Eingang befindet sich der Warte- und Infobereich, links das Leitungsbüro und der Zugang zu den Gruppenräumen im westlichen Gebäudeteil.
Über einen an der Außenfassade liegenden Flur erschließt man alle Gruppenbereiche. Vor den jeweiligen Sanitärbereichen weitet sich der Flur zu den Garderobenbereichen auf. Von diesem erschließen die Gruppen ihren jeweiligen Gruppenraum, welcher sich mit dem Schlaf- / Nebenraum zusammenschalten lässt, um größtmögliche Flexibilität in der Nutzung zu erlauben. Tritt man aus den Gruppenräumen der Krippe, so kommt man erst in einen überdachten, in Holz gefassten Bereich, bevor man in den Außenbereich der Krippe – geschützt durch den Baukörper – tritt. In der Anordnung der Räumlichkeiten findet sich das Prinzip der oben genannten Schichtung wieder. Beim Ankommen in der Kita führt der Weg des Kindes vom Eingangsbereich mit Blick in den Innenhof entlang der Fassade zu seinem Garderobenbereich. Im Gruppenraum angekommen, richtet sich der Blick ausschließlich auf die „Grüne Oase“, wodurch die Ablenkungen des urbanen Raumes verblassen und Ruhe einkehrt. Im Obergeschoss der Kita findet sich die Systematik in der Anordnung der Gruppenräume inkl. aller dazugehöriger Bereiche wieder. Dieses durchgehende System ist nicht nur aus konstruktiver Sicht sinnvoll, sondern es erleichtert zudem die Orientierung innerhalb des Gebäudes. Um die Verbindung im Obergeschoss zum Außenspielfläche zu gewähren, liegt am Ende des Flures eine Treppe mit integrierter Rutsche, die direkt in den Elementaraußenbereich der Kita führt. Dieser befindet sich im nördlichen Teil des Grundstücks, hinter dem im Inneren der Kubatur liegenden Krippenbereich. Gegenüber der Treppe / Rutsche befindet sich im Obergeschoss der Bewegungsraum, sowie der Therapieraum. Alle Bereiche der Kita, die nicht von Kindern flankiert werden, befinden sich im östlichen Gebäudeteil im Obergeschoss. Die Küche mit Nebenräumen und Gemeinschaftsflächen liegt als verbindendes Element zwischen dem Gruppen- und dem Personalbereich. Der südliche Gebäudeteil ist teilunterkellert und dient der energetischen Versorgung aller Gebäudeteile sowie als Lager- und Wäscheraum der Kita.
Familienzentrum
Das Familienzentrum inkl. dessen Beratungsstelle befindet sich im östlichen Gebäudeteil des Baukörpers und stellt eine Beziehung zum neu geplanten Stadtteilplatz „Moislinger Markt“ her.
Während der Kitabetrieb sich klar vom urbanen Raum abwendet und den Fokus in den Naturraum im Inneren richtet, orientiert sich das Familienzentrum – als der öGentlichere Teil des Gebäudes – zum Stadtraum und tritt mit diesem in den Dialog. Über den mittig liegenden Eingang tritt man in einen großzügigen Eingangsbereich. Von diesem gehen rechts der Gruppenraum und die Küche ab. Diese Räumlichkeiten können einzeln oder im Verbund genutzt werden. Das Lager im hinteren Bereich ist von beiden Räumen zugänglich. Links neben dem Eingangsbereich befinden sich die Gesprächsräume und das Besucher WC. Direkt vom Eingangsbereich führt eine Treppe / Aufzug in das Obergeschoss. Dort befinden sich die Büroräume, ein kleiner Warte- und Gemeinschaftsbereich, sowie die Sanitärräume für die Mitarbeiter.
Konstruktion und Materialität
Um den Gedanken der Naturverbundenheit gerecht zu werden, wurde eine nachhaltige sowie ressourcenschonende Holzkonstruktion mit Stützen und einer Flachdecke aus Brettstapelelementen gewählt, die eine flexible Raumaufteilung entlang der Fassade ermöglicht. Über Konstruktion und Außenbereich hinaus, soll die Nähe zur Natur auch im Innenraum spürbar werden. Es kommen Holzrahmenwände zum Einsatz, die gemäß des Farbkonzeptes so lasiert sind, dass die natürliche Holzstruktur erkennbar bleibt. Die Flachdecke aus Holz ist perforiert und mit einer Akustikeinlage versehen, in ihr sind außerdem die Deckenleuchten integriert. Somit benötigt es keiner zusätzlichen, abgehängten Decke. Die Fensterrahmen sind aus Holz und die großen Fensteröffnungen
bieten einen unverstellten Blick ins Grüne. Das Thema Holz wird durch opake Holzelemente innerhalb der klar strukturierten Fensterbänder nach außen geführt. Das Fassadenmaterial außerhalb dieser Fensterbänder ist Klinker. Ein traditionelles Material, was in der Lage ist lange Zeit zu überdauern. Um Leichtigkeit zu erzeugen, haben wir uns für einen sandfarbenen hellen Ton entschieden, welches mit dem Holz eine sanfte natürliche Verbindung eingeht und sich zudem in die Vorstellungen der städtebaulichen Neuplanung „Neue Mitte Moisling“ einfügt.
Farbkonzept
Farben sind entscheidend für das Zugehörigkeitsgefühl in der Kita und unterstützen verschiedene Aktivitäten durch ihre psychologische Wirkung. Das Farbkonzept, inspiriert von einer blühenden Sommerwiese, verwendet entspannende Farben in Ruhebereichen und lebhafte Farben in Kreativ- und Bewegungsbereichen.
Energetisches Konzept
Ziel des Konzepts ist die Optimierung des Komforts bei gleichzeitiger Minimierung des Energieverbrauchs im Betrieb des Gebäudes und unter Nutzung natürlicher Ressourcen.
Insbesondere sollen drei prinzipielle Themenbereiche, mit einem integralen Komfort- und Nachhaltigkeitskonzept gelöst werden:
- Energiekonzept mit dem Ziel, CO2 Emissionen stark zu reduzieren
- Begrenzung der sommerlichen Raumtemperaturen
- Sicherstellung der Luftqualität, insbesondere bei niedrigen Außentemperaturen
- Low-Tech Ansatz
Zur Optimierung der EnergieeGizienz wurden folgende Maßnahmen integriert:
- Hochwertige Gebäudehülle (3-fach Verglasung, Holz) zur Vermeidung von Komforteinbußen
- Optimierung der Tageslichtversorgung und natürliche Belüftung durch oGene Fenster und kontrollierte
- NachströmöGnungen
- Sommerlicher Komfort durch außen liegenden Sonnenschutz und thermische Nutzung der Raum-Masse
- Wärmeversorgung und nachhaltige Kühlung über eine Wärmepumpe mit Geothermie
- Fußbodenheizung für Heizung und passive Kühlung, ergänzt durch Konvektoren
- Photovoltaik auf der begrünten Dachfläche zur regenerativen Stromerzeugung
- Hoher Holzanteil zur Reduzierung der CO2-Emissionen und Verbesserung der Behaglichkeit
- SchadstoG- und lösungsmittelfreie Kleber und DichtstoGe zur Schonung der Gesundheit
- LED-Beleuchtung mit tageslichtabhängiger Steuerung zur Reduktion des Strombedarfs
- Nachhaltiges Regenwassermanagement zur Reduzierung von abflusswirksamen Flächen und Wasserrückhaltung
Freiraumgestaltung
KITA
Die Außenspielfläche wird in Verbindung mit dem Gebäude zum Naturerlebnisraum „Grüne Oase“ für die Kinder der Elementar- und Krippenbereiche und unterstützt damit deren Entwicklung.
Die Krippengruppen und die Elementargruppen erhalten eigene Spielbereiche, die durch bespielbare und bepflanzte Holzzäune und Hecken getrennt sind. Eingebaute ÖGnungen laden zum Durchsehen ein und Tore lassen ein Verbinden der Flächen zu. Die naturnahen Spielgeräte animieren die Kinder mit natürlichen und örtlichen Materialien ihre Kreativität voll auszubauen. Auf dem zentralen Spielhügel spendet eine ortstypische Gruppe aus frei gewachsenen Kiefern Schatten und Spielmaterial sowie
den typischen Duft. Es werden vier mehrstämmige Apfelbäume vorgesehen, die auch zum Klettern einladen. Alle übrigen Pflanzen sind entweder essbar oder lassen sich zum Basteln verwenden.
Die Anforderungen an den Ruhenden Verkehr erfüllt das Konzept mit versickerungsfähigen Oberflächen. Der Hol- und Bringverkehr erfolgt im Idealfall mit Rädern, zu Fuß oder mit Rollern. Das Bringen mit dem PKW könnte im Eulenspiegelweg erfolgen, bzw. in dem großzügigen Kreuzungsbereich zu dem Oberbüssauer Weg. Der Mitarbeiterparkplatz befindet sich entlang der westlichen Grundstücksgrenze.
Familienzentrum
Die halböffentliche Platzfläche vor dem Familienzentrum wird mit einer Hecke vom Straßenraum eingefriedet und hält ausreichend Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, Kinderwägen oder Roller vor. Holzstämme und Sitzstämme laden die kleinen Gäste zum Spielen und Balancieren ein.
Müll
Am Eulenspiegelweg stehen vier Unterflurcontainer für die Abfallsammlung zur Verfügung.“
Beitrag 1008
Verfasser:innen: Schmidt Architekten mit Christine Haberkorn, Landschaftsarchitektin aus Lübeck




Die Verfasser:innen erläutern ihren Entwurf wie folgt:
„Städtebau
Der zweigeschossige Entwurf der neuen Kindertagesstätte und des Familienzentrums „Familienkiste“ für die „Neue Mitte“ im Stadtteil Lübeck-Moisling integriert sich in das städtebauliche Umfeld und passt sich den Gegebenheiten des winklig zulaufenden Grundstücks an. Durch den abgeknickten Verlauf des Baukörpers entlang der Baugrenzen wird die vorhandene Grundstücksgeometrie bestmöglich genutzt. Alle Vorgaben des B-Plans werden eingehalten. Dem nördlichen Eingang des Familienzentrums ist ein offener Platz vorgelagert, der sich zum gegenüberliegenden, neuen Stadtteilplatz der „Neuen Mitte“ von Moisling orientiert. Dieser Platz, der als Ort der Begegnung fungiert, ist ausgestattet mit Sitzmöglichkeiten und schattenspendenden Neupflanzungen. Im Erdgeschoss springt der Baukörper zum öffentlichen Vorplatz zurück und bildet dadurch eine klar erkennbare, überdachte Eingangssituation, die intuitiv den Zugang zum Familienzentrum markiert. Die farblich abgesetzte Fassade an der östlichen Gebäudeseite markiert hingegen den Eingang zur Kindertagesstätte. Vier Kurzzeitstellplätze stehen bereits entlang des Oberbüssauer Wegs zur Verfügung, um eine reibungslose Abwicklung für den motorisierten Verkehr zu gewährleisten.
Architektur
Das architektonische Konzept für den barrierefreien Neubau basiert auf einem massiven Holzbau, der ökologisch, nachhaltig und funktional zugleich ist. Der Einsatz von Holz als primärem Baustoff spiegelt die Verbindung zur Natur wider und schafft ein behagliches, gesundes Raumklima für die Kinder. Die Kita wird in vorgefertigter Holzrahmenbauweise errichtet, welche eine präzise, schnelle und wirtschaftliche Bauweise ermöglicht. Das Tragwerk des Gebäudes besteht aus einem massiven Holzbau mit Decken und Innenwänden aus Brettsperrholz, die aufgrund ihrer Festigkeit und Langlebigkeit eine solide und wertbeständige Konstruktion garantieren. Darüber hinaus sind aufgrund der vergleichsweise geringen Bauteilstärken von Brettsperrholzkonstruktionen wirtschaftlich optimale Verhältnisse zwischen Brutto- und Nettogeschossfläche realisierbar. Diese Konstruktion bietet nicht nur hervorragende statische Eigenschaften, sondern trägt auch zur Schalldämmung und zum Wärmeschutz bei. Im Winter fungiert Holz als Wärmespeicher und reduziert den Energieverbrauch, während im Sommer der Wärmeschutz im Vordergrund steht und so ein angenehm temperiertes Raumklima schafft. Die vorgefertigten Holzrahmenelemente ermöglichen eine hohe Flexibilität im Bauablauf. Durch den hohen Vorfertigungsgrad verkürzt sich die Bauzeit erheblich, was die Wirtschaftlichkeit des Projekts steigert. Die stehende Holzlamellenfassade sorgt durch ihre natürliche Optik für eine warme und freundliche Ausstrahlung. Die Fassadenbegrünung auf einem Stahlnetz trägt zur Verbesserung des Mikroklimas und verbessertem Sonnenschutz bei und fördert gleichzeitig die Integration des Gebäudes in die natürliche Umgebung. Die Verwendung von warmen Holzoberflächen im Innenbereich schafft ein angenehmes Ambiente. In einer Kita ist Schallschutz von zentraler Bedeutung. Durch die Verwendung von Holz in Kombination mit entsprechenden Dämmmaterialien werden akustisch optimierte Räume geschaffen. Die massive Holzbauweise mit Brettsperrholzdecken bietet ausgezeichnete Schallschutzeigenschaften, die den Lärmpegel innerhalb des Gebäudes reduzieren und eine ruhige Umgebung fördern. Der Einsatz von Holz als nachhaltiger Rohstoff bietet ökologische Vorteile wie die Speicherung von CO2 und die Reduktion des ökologischen Fußabdrucks. Das Baumaterial stammt aus nachwachsenden Rohstoffen und ist vollständig recyclebar. Zudem sorgt die Fassadenbegrünung nicht nur für ein verbessertes Mikroklima, sondern auch für eine zusätzliche Dämmwirkung, die den Energieverbrauch weiter senkt. Das Konzept vereint somit die natürlichen, ökologischen und funktionalen Vorteile des Holzbaus mit einer modernen, zukunftsorientierten Architektur. Die Kita wird zu einem Beispiel für nachhaltiges Bauen, das sowohl den Bedürfnissen der Kinder als auch den Anforderungen an ökologische und energieeffiziente Bauweisen gerecht wird.
Innere Erschließung
Die Kita wird über ein Foyer an der südöstlichen Gebäudeseite über den Oberbüssauer Weg erschlossen. Dieser durchgesteckte, offene Raum fungiert als zentrale Verkehrsachse des Baukörpers. Er schafft in der Kita den Übergang zwischen den einzelnen Funktionseinheiten, dem Innenhof und dem straßenseitigen Außenraum und den Geschossebenen. Die barrierefreie Erschließung der Obergeschosse in Kita und Familienzentrum wird über einen gemeinsamen Aufzug sichergestellt. Das Foyer wird über ein zusätzliches Oberlicht im Treppenraum belichtet. Im Obergeschoss befinden sich die Elementargruppen und der Bewegungsraum, im Erdgeschoss die U3-Gruppen und die Familiengruppe. Die Gruppenräume werden im Erd- und Obergeschoss jeweils über einen Spielflur erschlossen, der sich vor den Gruppenräumen aufweitet. Große, bodentiefe Fenster ermöglichen den Kindern den Bezug zum Außenraum. An jedem Gruppenraum befindet sich ein separater Nebenraum, der auch als Schlafraum genutzt werden kann und ein direkter Zugang zum Sanitärraum. Alle Aufenthaltsräume im Erd- und Obergeschoss haben einen direkten Zugang ins Freie, so dass auf notwendige Flure in Kombination mit einer flächendeckenden Brandwarnanlage verzichtet werden soll, da dies dem Konzept der Spielflure widersprechen würde. In dem gesamten Entwurf wurde versucht, das Konzept der kurzen Wege umzusetzen. Das Familienzentrum orientiert sich mit den Gruppenräumen nach Norden, um eine Überschneidung mit der Kita zu vermeiden, die Belichtung des Gruppen- und Therapieraums erfolgt zusätzlich zu großen Fensterelementen über ein Oberlicht im Flachdach des eingeschossigen Gebäudeteils.
Außenanlagen
Der Eingangsbereich bietet durch den verschwenkten Grundstückszugang Schutz vor dem öffentlichen Verkehrsraum. Spielmöglichkeiten vor dem Eingang sorgen für ein entspanntes Holen und Bringen der Kinder. Der abgeschirmte Gartenbereich wird naturnah gestaltet und umfasst eine Blüh- und Versteckwiese sowie verschiedene Kletter- und Balanciermöglichkeiten in verschiedenen Schwierigkeitsgraden. Ein überdachter Terrassenbereich mit Sonnensegel ermöglicht auch bei heißem Wetter geschütztes Spielen. Für die jüngsten Kinder gibt es einen separaten Bereich direkt neben den Gruppenräumen, in dem altersgerechte Spiel- und Lernelemente ihre kognitive und motorische Entwicklung fördern. Hecken und Pflanzenstrukturen schaffen Rückzugsorte und sorgen für ein sicheres Umfeld, indem sie das Gelände einfassen. Spielbereiche der verschiedenen Altersgruppen sind getrennt
angeordnet, können aber für gemeinsames Spielen flexibel kombiniert werden. Eine großzügige Terrasse erweitert die Gruppenräume und bietet Platz für Aktivitäten im Freien. Begrünte Dach- und Fassadenflächen verbessern das Mikroklima, sorgen für natürliche Verschattung und tragen zur Kühlung des Gebäudes bei. Der bestehende Baumbestand wird erhalten und durch Neupflanzungen ergänzt, die zusätzlichen Schatten spenden. Vegetationsflächen dienen als Retentions- und Versickerungsflächen, während durchlässige Pflasterungen das Oberflächenwasser nachhaltig ableiten. Barrierefreiheit gewährleistet, dass alle Kinder, unabhängig von möglichen körperlichen Einschränkungen, die Außenanlagen uneingeschränkt nutzen können. Die Stellplätze sind im hinteren Bereich des Grundstücks angeordnet, so dass der PKW-Verkehr weitgehend vom täglichen Betrieb der Kindertagesstätte getrennt wird. Für die Warenanlieferung steht ein Stellplatz vor dem Gebäude zur Verfügung. Der Zugang kann direkt über den an der südwestlichen Gebäudeseite gelegenen Personaleingang erfolgen.“
Beitrag 1010
Verfasser:innen: architekten schäfer krause schulz partnerschaft mbh mit Christine Früh, Landschaftsarchitektin aus Hannover




Die Verfasser:innen erläutern ihren Entwurf wie folgt:
„Das neue Haus der Familien-Kiste heißt die Quartierbewohner an der Einmündung des ruhigeren Eulenspiegelwegs zum Oberbüssauer Weg mit einem halböffentlichen, einladendem Vorbereich willkommen. Kita und Familienzentrum verfügen über eigene Eingänge, die durch ihre prägnante architektonische Gestaltung, durch den geschützt tief im Gebäude liegenden Eingang der Kita und den sich zum Stadtraum hin transparent zeigenden Gebäudeteil des Familienzentrums identitätsstiftend und adressbildend in ihr Umfeld ausstrahlen. Das Gebäude ist als kompakter, zweigeschossiger Holzbau konzipiert, der unter Berücksichtigung und Erhalt des wertvollen Baumbestands so auf dem Grundstück platziert ist, dass zu allen vier Seiten qualitätvolle und adäquate Außenräume und Außenraumbezüge den jeweiligen Hauptnutzungsbereichen zugeordnet werden, die funktional gegliedert und gestaltet werden können. Die Erschließungsstruktur des Grundrisses und die Anordnung des Aufzugs stellen sicher, dass beide Nutzungsbereiche barrierefrei und völlig unabhängig voneinander funktionieren. Dabei ist der Aufzug als Durchlader für beide Seiten über Berechtigungen frei nutzbar.
Kita
Die beiden Hauptnutzungen sind jeweils über beide Geschosse organisiert. Dabei öffnet sich das Familienzentrum zum Stadtteil nach Süden und Westen, während sich die größere Einrichtung der Kita zu den geschützten Freiflächen nach Nordosten und Nordwesten hin orientiert. Über den Eingangsbereich gelangt der Besucher der Kita direkt in die zweigeschossige Eingangshalle, die als zentraler Verteiler schnell Orientierung bietet und alle Nutzungenbereiche erlebbar und auf kurzen Wegen erreichbar macht. Zugleich ist die Treppenhalle das kommunikative Zentrum und Herzstück der Kita. Direkt vom Eingang gelangt man rechterhand zum Büro der Kita-Leitung, das sich etwas abseits der
Treppenhalle sowohl mit Bezug zum Vorbereich wie auch den Spielflächen im Erdgeschoss befindet. Geradeaus durch die Halle kommt man zu den ruhebedürftigeren Krippengruppen, die sich zum ruhigen, nördlichen Grundstücksbereich hin ausrichten. Die altersübergreifende Gruppe öffnet sich direkt zu den Spielflächen. Aus beiden Nutzungseinheiten sind über die Garderobenbereiche direkte Zugänge zu den Außenspielflächen bewusst vorgesehen. Bei der Krippe befindet sich direkt ein Krippenwaschraum. Am zentralen Zugang zu den Freiflächen aus der Halle, zwischen Kita-Büro und altersübergreifende Gruppe, steht ein flexibel nutzbarer und direkt von außen erreichbarer kleiner Waschraum mit WC zur Verfügung. Über die zentrale Treppe gelangt man im Obergeschoss direkt zu den beiden Elementar-Gruppen und zum Bewegungsraum, der sich mit der 10° geneigten Dachfläche, seinem markanten Eckfenster und gemeinsam mit der prägenden Gebäuderundung dem öffentlichen Raum hinwendet. Das geneigte Dach schafft die notwendige Raumhöhe, durch die Lage im OG wird zugleich eine wirtschaftliche, einheitliche Geschosshöhe im Erdgeschoss ermöglicht.
Familienzentrum
Der Eingang zusammen mit dem Vorbereich und die beiden Haupträume des Familienzentrums (Gruppenraum und Küche) richten sich zum Eulenspiegelweg hin aus und schaffen durch Ein- und Ausblicke einen direkten Stadtteilbezug. Die Gesprächs- und Beratungsräume und die Büros liegen zur geschützteren, westlichen Seite und im Obergeschoss und bieten damit die notwenige Distanz für vertraute Gespräche. Im Gebäudekern sind Feucht- und Nebenräume vorgesehen. Die Küchen beider Einrichtungen liegen direkt übereinander. Die Bündelung dieser Bereiche mit erhöhter haustechnischer Versorgung ermöglicht eine effiziente Installationsinfrastruktur. Um die Gebäudekubatur und damit die Hüllfläche gering zu halten und flexibel auf ggf. weitere technische Anforderungen reagieren zu können, wurde von uns im Entwurfskonzept ein Tellkeller konzipiert, in dem auch ein Teil der Lagerraumflächen beider Einrichtungen vorgesehen ist.
Bauweise und Gestaltung
Das Gebäude ist in Holzbauweise konzipiert. Mit dem Ziel einer maximalen CO2-Neutralität soll die Verwendung von mineralischen Baustoffen, insbesondere Beton, auf das Notwendige reduziert werden, also für die Gründung und die mögliche Teilunterkellerung. Holz als Rohstoff und Baumaterial ist in vielfältiger Ausbildung als gestaltprägender Werkstoff vorgesehen. Die Tragkonstruktion ist als Kombination von Brettsperrholzelementen für Decken und Innenwände und Holztafelbauelementen mit Holzweichfaser-Dämmstoff für die Außenwände konzipiert. Als Fassadenmaterial sind Bretter und Mehrschichtplatten vorgesehen. Innenseitig finden sich Holzwolle-Akustikplatten als Abhangdecken, Innenwandbekleidungen und feste Möbel-Einbauten aus Holz und Holzwerkstoffen.
Technische Gebäudeausrüstung – Gebäude-Energie-Konzept
Die Wärmeversorgung wird durch die Fernwärmeleitung der Stadt gedeckt. Die Warmwasserversorgung erfolgt über dezentrale Frischwasserstationen, die über das Heizungsnetz mit Wärme versorgt werden. Die Lüftung der Räume erfolgt über zu öffnende Fenster und über Außenluftdurchlässe, die in der Fassade eingebaut werden. Über die Außenluftdurchlässe werden die innen liegenden Räume durch Überströmung kontrolliert gelüftet. Als Beleuchtung kommen nur LED-Leuchten zur Ausführung. In den Nebenräumen werden diese über Präsenzmelder geschaltet. Die PV-Anlage erhält einen Batteriespeicher, der so groß ist, dass mindestens der Nachtbetrieb des Gebäudes (ohne Küche) gedeckt werden kann.
Freiflächenkonzept
Das Freiflächenkonzept nimmt die Formensprache der Architektur auf und sieht eine Kombination aus geraden Linien und spielerisch eingestreuten, kreisförmigen Elementen vor, die insgesamt ein abwechslungsreiches Außengelände bilden. Die Eingangsbereiche beider Einrichtungen folgen der Lineatur, indem sie sich zu den öffentlichen Fußwegen hin platzartig aufweiten und so jeweils ein einladendes, auf den Haupteingang fokussiertes Entrée bilden. Sitzmöglichkeiten laden zum Verweilen und zur Kommunikation ein, blühende Pflanzflächen entlang der Fahrrad- und Rollerständer erzeugen einen offenen, fröhlichen und lebendigen Eindruck. Eine durch Rasenwellen modellierte Grünfläche ermöglicht Kindern zusätzlich eine spielerische Herangehensweise im Eingangsbereich. Unter Benutzung der vorhandenen Zufahrt erschließt sich an der Westseite die Stellplatzanlage mit acht Stellplätzen (davon ein Behindertenstellplatz), die entlang der Grenze zum Nachbarn in offener und wurzelschonender Bauweise (Rasenwaben) angeordnet sind. Die Parkplatzerschließung (6m breit, mit z.T. offenem Schotterrasenbelag) dient zugleich der Anlieferung sowie als Pflegezufahrt. Ihr entlang befinden sich zusätzliche Fahrradabstellplätze, die Müllanlage und ein überdachter Bereich für Kinderkarren. Das Spielgelände der Kindertagesstätte erstreckt sich geschützt an der Nord- und Ostseite und wird durch erhaltenswerten Baumbestand räumlich gefasst. Eine umlaufende Erschließung fasst sämtliche Eingänge an der West-, Nord- und Ostseite zusammen und ermöglicht die barrierefreie Zugänglichkeit aus allen Räumen. Ausgehend vom Nebengebäude (Raum für Krippenwagen, Spielgeräte, Fahrzeuge) eignen sich die befestigten Wege zum spielerischen Befahren, Laufen, Krabbeln, aber auch zum temporären Aufstellen von Tischen und Bänken. Der nördliche Teil des Spielgeländes ist den Krippenkindern vorbehalten und mit Angeboten wie einer Schwinge, großem Sandspiel mit Klettergerät, Sandbaustelle und Backtischen ausgestattet. Spielhäuser und Findlinge ermöglichen darüber hinaus naturnahes Spiel unter Baumbestand. Die Elementar-Kinder kommen über eine Treppenanlage aus dem 1.Obergeschoss direkt in ihren Spielbereich. Die podestartige Aufweitung der Treppe eignet sich auch als kleine Bühne bei Festen und Veranstaltungen. Auch hier ist eine altersgerechte, bewegungsorientierte Ausstattung mit Schaukeln, Klettergerät, sowie eine große Sandspielfläche vorgesehen. Abgerundet wird das Spiel durch Spielhäuser und unterschiedliche Spiel- und Bewegungspfade im Gelände. Das Kita-Spielgelände wird durch Zaun und Heckenstrukturen mit heimischen, blühenden und, falls gewünscht, essbaren Gehölzen (niedriges Weidengebüsch, Ginster, Holunder, Hasel, Johannisbeeren) abgegrenzt. Neben Sonnensegeln bieten der bestehende Baumbestand sowie langfristig über die Freifläche verstreute neue blühende Bäume Schatten und Raumbildung. Entlang des Oberbüssauer Wegs ist darüber hinaus eine Mauer oder ein massiver, blickdichter Holzzaun in einer Höhe von 1,80m als Blick- und Lärmschutz angedacht.“
Beitrag 1011
Verfasser:innen: Arbeitsgemeinschaft 3000UG Paco Motzer aus Berlin mit Irina Dechow, Landschaftsarchitektin aus Hamburg




Die Verfasser:innen erläutern ihren Entwurf wie folgt:
„Ort und Einbindung
Aus dem heterogenen städtebaulichen Umfeld in Moisling werden zwei Gebäudetypen abgeleitet, welche die Wohnbebauungen des Wettbewerbsgebiets maßgeblich prägen. Die Wohnzeile und das Einfamilienhaus, beide mit Satteldach, sind im gesamten Stadtteil in großer Zahl vorhanden. So wird der kompakte zweigeschossige Baukörper durch vier aneinandergereihte Satteldächer rhythmisiert und ins Stadtbild eingebunden. Es entstehen vertraute Proportionen für die Kinder, wodurch die Identifikation mit dem Gebäude gestärkt wird. Durch die Ausrichtung entlang des Eulenspiegelwegs schafft der Baukörper zu den Straßenseiten zwei klare Adressen für KITA und Familienzentrum auf jeweils einer Gebäudeseite. Aus dem Eulenspiegelweg wird das Familienzentrum, vom Oberbüssauer Weg die KITA in direkter Verlängerung des Fußgängerüberwegs erschlossen. Die Eingänge sind durch Vertiefungen des Baukörpers klar ablesbar. Bring- und Abholverkehr erfolgt über den Oberbüssauer Weg und die dafür vorgesehenen Parkplätze. Durch das Zurückweichen des Eingangsbereichs der Kita im Erdgeschoss können die beiden Kiefern erhalten werden. Es entsteht eine umarmende Geste des Gebäudes zum östlichen Grünraum.
Architektur und Nutzung
Der Baukörper ist im Erdgeschoss in drei Bereiche gegliedert: das straßenseitige Familienzentrum, die Mittelzone mit Nebenräumen und die gartenseitige KITA. Entlang der Südfassade sind die Aufenthaltsräume des Familienzentrums aufgereiht. Große Öffnungen im Erdgeschoss schaffen eine niedrigschwellige Verbindung zum Stadtraum. Der Gruppenraum ist direkt mit dem Eingangsbereich verbunden. Durch eine Faltwand ist es möglich Gruppenraum und Küche zu verbinden und in einem großzügigen Raum für Veranstaltungen zu verwandeln. Alle weiteren Räume des Familienzentrums sind im EG und 1.OG effizient entlang eines Erschließungsflurs aufgereiht. Im Obergeschoss greifen die KITA Räume L-Förmig um das Familienzentrum, wodurch der Personalbereich der KITA eine straßenseitige Ausrichtung erhält. Die Aufenthaltsräume der KITA orientieren sich ausschließlich zum Garten. Ein vorgelagerter Laubengang ermöglicht auch den Kindern im 1.OG den direkten Zugang zum Garten und schafft zugleich witterungsgeschützte Außenbereiche vor den Gruppenräumen.
Jedes Geschoss verfügt neben den direkten Zugängen der Gruppenräume zum Außenbereich bzw. Laubengang auch über einen mit einer blauen Tür gekennzeichneten Nebeneingang, der zu den Garderoben und Sanitärkernen der Mittelzone führt. So werden kurze Laufwege zu den Sanitärbereichen sichergestellt. Das Leitungsbüro mit vorgelagertem Nebenraum hat Einsicht auf den Eingangsbereich sowie eine Sichtverbindung auf die Zuwegung der KITA. In der Mittelzone ist die Gebäudeerschließung sowie der Großteil der Sanitärräume organisiert. Eine breite einläufige Treppe mit Sitzgelegenheiten verbindet die beiden Geschosse der KITA und schafft ein großzügiges Zentrum. Die Abfolge der Satteldächer ist im Obergeschoss von Innen ablesbar und kennzeichnet die Aufenthaltsräume für KITA-Kinder und Personal. Der Bewegungsraum kragt in nordöstlicher Richtung entlang der Bestandskiefern aus und bricht das regelmäßige Grundrissraster.
Materialisierung
Die hell gestalteten Holzfassaden vermitteln einen einladenden Charakter. Durch den leichten Farbunterschied in der vertikalen Profilbrettschalung wird die Fassade subtil rhythmisiert. Fassadendetails, wie die perforierten Holzpaneele an Türen und Fenstern, oder die Holzbänke in den in blau gehaltenen Eingangsbereichen geben dem Gebäude einen spielerischen und identitätsstiftenden Ausdruck. Warme Holzoberflächen schaffen im Inneren eine wohnliche Atmosphäre und bieten einen Hintergrund für das bunte Treiben in der Familienkiste.
Freiraum
Die Lage des Gebäudes am Eulenspiegelweg dient als Thema für die Entwicklung der Freianlage: Till Eulenspiegel war unangepasst, mutig und lebendig. Dies spiegelt sich in der Gestaltung wider. Wichtige Grundlage ist die nachhaltige Verwendung von Materialien, hier insbesondere auch die Wiederverwendung vorhandener Elemente aus dem Bestand: Spielgeräte, Zaun, Findlinge und Mobiliar. Alle Beläge sind wasser- und luftdurchlässig.
Sie entwässern zusätzlich mittels Gefälle in angrenzendes Grün zur Versickerung. Unter der kompakten Stellplatzanlage aus wassergebundener Decke und Pflaster befindet sich eine Rigole für das Dachwasser. Das Gebäude ist so platziert, dass möglichst viele Bäume erhalten bleiben. Sie dienen als Schattenspender und raumprägende Elemente. Zusätzlich werden heimische Bäume und Sträucher sowie Beerensträucher als grüne Kulisse und Naturerlebnisraum gepflanzt.
Flächige Pflanzungen im Spielbereich und zur Straße hin werden naturnah mit heimischen klimaresilienten Pflanzen angelegt. Spielgeräte sind aus Holz vorgesehen, der Fallschutz aus Holzhackschnitzeln, da er eine bessere CO2-Bilanz aufweist als Kies oder Sand. An den Zuwegungen stehen Bänke, die zum Austausch und zum Verweilen einladen. Ein Teil des Vorgartens beim Familienzentrum kann von den Nutzer:innen zum Gärtnern genutzt werden. Die Terrassen hinter dem Gebäude sind mit Kinderfahrzeugen befahrbar und erschließen viele Spielbereiche barrierefrei. Der Garten für die Elementarkinder bietet Aussichtspunkte und Verstecke, einen mit vorhandenen Weiden und Findlingen modellierten Hügel mit einem Kriechtunnel, eine gemeinschaftliche Schaukel, einen Niederseilgarten und einen Sandbereich mit Matschküche. Die Spielelemente basieren auf Elementen aus den Geschichten von Till Eulenspiegel.
Der an das Märchen vom Sterntaler angelehnte Gartenbereich der Krippe ist mit einem geschwungenen, blumengesäumten niedrigen Holzzaun von 1,20 m Höhe eingefasst. In den Zaun sind Elemente zur Sinnesentfaltung eingebaut, so dass er zum bespielbaren Objekt wird. Er umhegt Sterntalers Stübchen, ihre Traumschaukel, eine Schatzkiste mit Sandspielzeug, eine Rutsche und Sitz-Stämme die wie Goldtaler vom Himmel gefallen sind.
Brandschutz
Der Entwurf ermöglicht eine zügige und differenzierte Entfluchtung der anwesenden Kinder und Mitarbeitenden des Gebäudes und erfüllt das Baurecht. Durch die Aufteilung werden alle Bauweisen, auch sichtige Holzbaukonstruktionen, flexibel ermöglicht. Spätere Änderungen sind unkompliziert und einfach umsetzbar. Neben einer obligatorischen Brandwarnanlage werden die anwesenden Personen durch eine dynamische Fluchtweglenkung mit Piktogrammen frühzeitig informiert und im Alarmfall auf die richtigen Wege gewiesen, was eine offene Nutzung des Gebäudes ermöglicht. Die Sicherung der Rettungswege und die Ermöglichung von wirksamen Löscharbeiten setzen sich auch außerhalb des Gebäudes fort und sind in der Außenraumplanung berücksichtigt.
Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit
Das Gebäude wird in Holztafelbauweise mit einem hohen Vorfertigungsgrad errichtet. Hierdurch kann die Bauzeit verkürzt und die Nachhaltigkeitsziele in Bezug auf den Primärenergiebedarf des Gebäudes erfüllt werden. Die sich wiederholenden Satteldächer, sowie das regelmäßige Raster der Grundstruktur garantieren eine wirtschaftliche Konstruktion des Gebäudes. Es wird ein nachhaltiges und wirtschaftliches Gebäudeenergiekonzept angestrebt. Die nach Ost und West orientierte PV-Anlage auf dem Dach deckt zu einem Großteil den Strombedarf des Gebäudes im täglichen Betrieb. Der Solare Eintrag über die Dachfenster erwärmt die Räume an kalten Tagen. Der reiche Baumbestand sowie das Gründach generieren ein angenehmes Mikroklima, das in den Sommermonaten zur Kühlung des Gebäudes und der Freiräume beiträgt. Der Anschluss an das bestehende Fernwärmenetz, dessen Anteil an erneuerbaren Energien in Zukunft erhöht wird, in Verbindung mit einer Fußbodenheizung bietet eine wirtschaftliche Möglichkeit, um den Heizbedarf des Hauses zu decken. Die warme Abluft des Hauses wird über die Sanitärräume in den Dachraum geführt, wo sie mittels einer Wärmerückgewinnung die frische Außenluft auf ihrem Weg ins Gebäude vorwärmt. Dieser Kreislauf sorgt allzeit für gute Luftqualität und minimiert die Wärmeverluste. Im Sommer senkt der Luftwechsel mit kühler Nachtluft das Temperaturniveau vor Tagesbeginn. Die freie Raumhöhe über 8,0 Meter im Treppenraum der KITA sowie die großzügigen Dachräume ermöglichen bei geöffneten Oberlichtern bereits über die natürliche Thermik eine gute Durchlüftung der Familienkiste.“
Stand: 07.04.2025